Dreißig Jahre Matrix Vision
05.07.2016 -
Ob auf dem Land, im Wasser oder in der Luft – die industrielle Bildverarbeitung (IBV) ist mittlerweile in fast alle Bereiche vorgedrungen. Die Hersteller aus diesem Industriesegment sind jedoch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, da sie als Technologie-Lieferant beim Endprodukt nicht in Erscheinung treten. Ein „Hidden Champion“ mit Sitz im schwäbischen Oppenweiler bei Stuttgart ist Matrix Vision, welche in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum feiert – ein Blick zurück in die Zukunft.
Als Gerhard Thullner und Werner Armingeon die Firma am 24.06.1986 gründeten, konnten sie nicht ahnen, dass die Firma 30 Jahre später nahezu 100 Mitarbeiter haben wird und über ein Technologie-Know-How verfügt, welches in dieser Breite und Tiefe in der Branche ungewöhnlich ist. Dabei hat die junge Firma nicht direkt in der Bildverarbeitung angefangen, sondern Software für Atomabsorptionspektrometer entwickelt. Im Gegensatz zur Branchenausrichtung stand von Beginn an die Rollenaufteilung fest. Während sich Armingeon um den technischen Part kümmerte, war Thullner für den kaufmännischen Bereich in der Firma verantwortlich. Das Gespann entwickelte so das Gespür, technologische Trends richtig zu deuten und die Firma immer wieder neu auszurichten.
Wechsel zur industriellen Bildverarbeitung
In den Anfangsjahren der PCs waren Produkte von Atari bei Early Adopters, wie Universitäten, sowie bei Anwendern mit grafischen Aufgabenstellungen sehr gefragt. Thullner und Armingeon machten hier ihre ersten Geschäfte und entwickelten einen Grafikcontroller für Großbildschirme für Atari-Computer. 1989 stellten die beiden diese Weltneuheit, nach lediglich sechs Wochen Entwicklungszeit, durch das hochmotivierte Team auf der CeBit in Hannover vor. Matrix Vision wurde mit den Atari-Grafikcontroller Weltmarktführer, dennoch ruhte man sich auf dem Erfolg nicht aus. So hatten sich die beiden Ingenieure bereits zu neuen Ufern aufgemacht, als Atari von den PCs eingeholt wurde. Die Diskussion, ihr Grafikcontroller-Know-How in den boomenden PC-Markt einzubringen, war schnell beendet. „Es gab schon etablierte Firmen und daher war uns der Markt zu riskant“, berichtet Thullner von der Entscheidung, die sich bald bestätigte. Die Firma begann mit der Entwicklung von Frame Grabbern für industrielle Anwendungen. Diese elektronische Komponente wird zum Digitalisieren analoger Videosignale verwendet. Damit waren sie in die noch junge Branche der Bildverarbeitung eingestiegen.
Von der intelligenten Kamera zum Pfandautomaten
Und damit tat sich auch ein neues Feld für Armingeon auf, der die Standardzusammenstellung einer Bildverarbeitungslösung mit Frame Grabber, Kamera und PC als zu aufwändig und unzuverlässig fand. Durch die Integration aller Komponenten in ein Produkt war die intelligente Kamera geboren. Matrix Vision kann für sich in Anspruch nehmen, eine der ersten intelligenten Kameras auf den Markt gebracht zu haben. „Leider musste dieses Projekt einige Zeit hinter anderen Aufgaben zurückstehen, sonst wären wir schon deutlich früher auf dem Markt gewesen“, so der Entwicklungschef im Rückblick. Die Idee von 1999 schaffte die Grundlage für viele Lösungen, welche auf intelligenten Kameras basieren: Verkehrsflussüberwachung in Großbritannien, intelligente Nähmaschinen, Brillenglas-Schleifmaschinen und Briefsortieranlagen in Frankreich, Pfandautomaten in Deutschland, um nur einige Beispiele zu nennen. Uwe Furtner, verantwortlich für die Produktkonzeptionen und seit 1996 Partner bei Matrix Vision, trug durch sein Gespür, was der Pfandautomatenmarkt benötigt, und den vorausschauenden Planungen ganz wesentlich zum Gelingen des umfangreichen Pfandprojektes bei. Durch den gesetzlich vorgegebenen Einführungstermin lagen nur einige Monate vom Start der Entwicklung bis zur Auslieferung einiger tausend Systeme.
Erweiterung des Portfolios mit Standardkameras
Nachdem sich Schnittstellen wie USB und Ethernet am Markt durchgesetzt hatten, ergänzten Standardkameras ab 2004 die Frame Grabber als Standardproduktlinie. Heute verfügt Matrix Vision über ein Portfolio von mehr als 210 Kameravarianten, welche sich durch ihre besonderen Features im Markt etabliert haben. Beispielsweise übernimmt das in allen Kameras eingesetzte FPGA eine Reihe von Verarbeitungsaufgaben und entlastet so das Host-System. Die internen Bildspeicher sorgen für eine zuverlässige Bildübertragung ohne Datenverluste. Alles Anforderungen, die in Bezug auf grüne Automation und lückenlose Prozessüberwachung in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen haben.
Übergabe der Geschäftsführung
Mit der Ernennung von Erhard Meier zum kaufmännischen Geschäftsführer im Jahr 2011 begann frühzeitig die Übergabe der Leitungsverantwortung an die nächste Generation. Gleichzeitig blieb die Erfahrung der Firmengründer in beratender Funktion erhalten. Gemeinsam mit Uwe Furtner als technischem Geschäftsführer trägt diese Konstellation Früchte: 2015 erhielt Matrix Vision einen Innovationspreis für die neuartige 6D-Industriekamera mvBlueSirius, die neben statischen 3D-Daten auch die Bewegung und Farbe von Objekten im Raum wahrnimmt. Zum 30-jährigen Bestehen gelingt mit der Smart Camera mvBlueGemini und dem mvImpact Configuration Studio (kurz mvImpact-CS) Anfang 2016 der nächste Coup. Damit wird aus der Intelligenten Kamera eine einfach einzusetzende, aber sehr leistungsfähige Komponente für die Automatisierung. mvImpact-CS vereinfacht sowohl Anwendern ohne Programmier-Knowhow als auch Entwicklern ohne Bildverarbeitungskenntnissen den Einstieg in die Bildverarbeitung. Im Zuge von Industrie 4.0, bei der die industrielle Bildverarbeitung eine wichtige Rolle einnimmt, können nun Smart Cameras sehr einfach in eine Automatisierungslösung integriert werden, weil die bisher notwendige, aufwändige Programmierung entfällt; ganz im Sinne des 30-Jahre Mottos von Matrix Vision – We change your Vision.