Warum es beim Einsatz von Kamerasystemen auf die Beleuchtung ankommt
28.02.2023 - Bei der Suche nach einer Beleuchtung für eine Bildverarbeitungsanwendung geht nicht immer sofort ein Licht auf. Grund genug, sich mit diesem Thema näher zu befassen.
Obwohl die potenziellen Einsatzbereiche von Kamerasystemen vielseitig sind, geht es im Grunde in nahezu jeder Applikation darum, spezifische Merkmale an Objekten zu prüfen. Damit diese Aufgabe gelingt, muss eine Kamera ein verwertbares Bild erzeugen, das die Objekt- beziehungsweise Prüfmerkmale eindeutig hervorhebt. Möglich ist das zumeist nur mit einer kontrastreichen Abbildung, die vor allem durch die passende Beleuchtungstechnik realisierbar wird. Immerhin hat die Beleuchtung im Hinblick auf eine konkrete Anwendung mit einem Kamerasystem schätzungsweise einen Anteil von rund 70 Prozent am Erfolg einer Applikationslösung.
Es ist zu betonen, dass es kein „Standardrezept“ für die Wahl der richtigen Beleuchtung in einem konkreten Einsatzfall gibt. Vielmehr zählen hier insbesondere die Erfahrungen, die bereits bei der Umsetzung von Lösungen für verschiedene Applikationen gesammelt wurden. Dennoch können grundlegende Kenntnisse zu den Themen Beleuchtungsart, Beleuchtungsrichtung und in diesem Zusammenhang zu unterschiedlichen Beleuchtungstechniken durchaus hilfreich sein.
Welche Beleuchtungsarten und Beleuchtungsrichtungen gibt es?
Bei der Beleuchtungsart wird grundsätzlich zwischen Auflicht- und Durchlichtbeleuchtung unterschieden.
- Auflichtbeleuchtung: Die Lichtquelle befindet sich oberhalb einer Objektebene.
- Durchlichtbeleuchtung: Die Lichtquelle befindet sich unterhalb einer Objektebene.
Für beide Beleuchtungsarten wählt der Anwender die Beleuchtungsrichtung. Je nach Eintrittswinkel der Lichtstrahlen auf ein Objekt oder eine Objektebene erzeugt dies ein Hellfeld, ein partielles Hellfeld oder Dunkelfeld.
Beleuchtungstechniken und ihre Einsatzbereiche
Im Hinblick auf die Beleuchtungstechniken existieren zahlreiche Lösungen für Auflicht und Durchlicht. Das ist mit ein Grund, warum sich Kamerasysteme für den flexiblen Einsatz in einer ganzen Reihe an Applikationen eignen. Im Folgenden werden die am häufigsten verwendeten Beleuchtungstechniken und ihre potenzielle Einsatzbereiche vorgestellt.
Auflichtbeleuchtungen
Für Auflicht stehen unter anderem folgende Beleuchtungstechniken zur Verfügung
- gerichtete koaxiale Beleuchtung
- diffuse koaxiale Beleuchtung
- hochdiffuse Auflichtbeleuchtung
- Dunkelfeldbeleuchtung
Gerichtete koaxiale Beleuchtung
Das Licht wird bei dieser Technik parallel zur Achse der Kameraoptik auf ein Objekt/eine Objektoberfläche projiziert. Da hierbei LEDs beziehungsweise LED-Arrays zum Einsatz kommen, integrieren die Lösungen mitunter einen Diffusor, eine Streuscheibe oder eine matte Abdeckung vor der Lichtquelle, um eine möglichst homogene Lichtverteilung auf einer Prüffläche zu erreichen. Das Licht wird hierbei direkt auf die Objektoberfläche abgestrahlt.
Diese Beleuchtungstechnik ist besonders für Prüfobjekte mit einer ebenen beziehungsweise glatten, reflektierenden oder glänzenden Oberfläche geeignet. Mögliche Anwendungsfälle sind die Prüfung des Objektdurchmessers an Unterlegscheiben oder die Kontrolle der Vollständigkeit von Kontakten auf Elektronikbauteilen.
Das Portfolio von IPF Electronic an Zusatzleuchten für Kameras ist breitgefächert, sodass es für nahezu jede Aufgabenstellung eine passende Lösung enthält. So eignen sich für gerichtete koaxiale Beleuchtungen beispielsweise die LED-Ringleuchte ER948170 (Weißlicht) mit insgesamt 196 LEDs, die in drei Reihen hintereinander angeordneten sind. Die Ringleuchte verfügt über einen Öffnungswinkel von 20 °. Vergleichsweise kompakter ist die ER430170 (Weißlicht), deren LEDs ebenfalls über eine hohe Lichtstärke verfügen und die sich unter anderem direkt an einem Kameraobjektiv befestigen lässt.
Diffuse koaxiale Beleuchtung
Eine diffuse koaxiale Beleuchtung lässt sich durch eine entsprechende Abdeckung auf einer Ringleuchte realisieren. Das austretende Licht wird dabei ungerichtet beziehungsweise stark gestreut auf die Objektebene abgestrahlt. Ein Beispiel hierfür ist die LED-Ringleuchte ER700170 von IPF Electronic. Diese Art der Beleuchtungstechnik ermöglicht somit ein sehr homogenes Licht und eignet sich beispielsweise für reflektierende Objekte mit unebener Oberfläche.
Hierzu ein Beispiel: Wird bei der seitlichen Prüfung eines glänzenden Rohres eine gerichtete Auflichtbeleuchtung verwendet, dann reflektiert der Scheitelpunkt des Objektes (Bereich der Rohrmitte) das meiste Licht in Richtung Kameraoptik. Die Randbereiche des Rohres werden im Kamerabild hingegen als dunkle Zonen dargestellt. Denn von ihnen gelangen kaum noch Lichtreflexionen in den Erfassungsbereich der Kameraoptik. Dies kann sich mitunter negativ auf das Prüfergebnis auswirken, weil beispielsweise der Übergang vom Rohrrand zu einem Hintergrund nicht mehr kontrastreich und somit klar erkennbar ist. Eine diffuse koaxiale Beleuchtung sorgt indes für eine bessere Lichtverteilung auf dem gesamten Objekt, wodurch auch die Randbereiche des Rohres im Kamerabild eindeutig zu erkennen sind. Die Beleuchtung muss hierfür allerdings deutlich größer sein als das Prüfobjekt.
Dombeleuchtung: Hochdiffuses Auflicht
Für eine sehr gleichmäßige, hochdiffuse Ausleuchtung eines Prüfobjektes sorgt die Dom-Beleuchtung. Die über dem Dom positionierte Kameraoptik benötigt jedoch für die Aufnahmen der Objektebene eine Öffnung. Daher wäre normalerweise auf dem Kamerabild im Objektzentrum ein nicht vom Licht der Beleuchtung reflektierter, dunkler Bereich zu sehen. Hochwertige Dombeleuchtungen vermeiden diesen Effekt, weil sie eine seitlich zur Kameraoptik installierte Lichtquelle integrieren, die das Licht über einen Strahlteiler in Richtung Objektebene lenken.
Dombeleuchtungen eignen sich vor allem für komplexere reflektierende Objekte wie etwa Folien, Kronkorken von Flaschen oder Datenträger (zum Beispiel Blue-Rays, DVDs). Die kompakte LED-Domleuchte EE500170 von IPF Electronic mit einem Durchmesser der Leuchtfläche von 50 mm arbeitet mit Weißlicht (Farbtemperatur 5000 K) und liefert ein hochdiffuses Auflicht.
Für eine hochdiffuse Beleuchtung sorgt unter anderem der sogenannte Flat-Dome mit einem ungerichteten Licht, das sich gleichmäßig auf einer Objektoberfläche verteilt. Ein Beispiel hierfür ist der AO000530 mit 128 LEDs und einem Öffnungswinkel von 120 °. Der Durchmesser des Leuchtfeldes beträgt 160 mm. Vor allem glänzende, unebene Objektoberflächen, die möglicherweise noch während der Prüfung in ihrer Lage variieren, lassen sich hiermit inspizieren.
Dunkelfeldbeleuchtung
Dunkelfeldbeleuchtungen sind zumeist in einem sehr geringen Abstand zu einem Prüfobjekt positioniert und bestehen beispielsweise aus flachen Ring- oder Linienlichtern sowie Spotlights. Diese Beleuchtungsform kommt häufig zur Detektion von Fehlern auf Objektoberflächen, wie Kratzer oder Riefen, zum Einsatz oder etwa bei der Prüfung von Gravuren. Dunkelfeldbeleuchtungen lassen sich beispielsweise mit der LED-Ringleuchte EF750170 (Weißlicht) realisieren, wobei die 36 LEDs an der Ringinnenseite angeordnet sind. Die Leuchte hat überdies eine Frontscheibe mit diffusem Streuverhalten. Für Dunkelfeldbeleuchtungen eignet sich zudem die LED-Linienleuchte EL107170 (Weißlicht), wobei dann vier dieser Linienleuchten rechteckig um die Objektebene angeordnet sein müssen.
Durchlichtbeleuchtungen
Bei Durchlicht- oder auch Hintergrundbeleuchtungen wird vor allem zwischen folgenden Beleuchtungstechniken unterschieden:
- Hellfeld-Durchlichtbeleuchtung: eine diffuse oder gerichtete Flächenleuchte
- Telezentrische/kollimierte Durchlichtbeleuchtung: liefert eine exakte Abbildung von Prüfobjekten, ohne Beugungseffekte
Hellfeld-Durchlichtbeleuchtung
Ein Prüfobjekt wird bei einer Hellfeld-Durchlichtbeleuchtung von unten beziehungsweise von hinten so angeleuchtet, dass die Strahlen der Lichtquelle in Richtung der Kameraoptik geleitet werden.
Auf dieses Weise lässt sich eine Art Schattenbild vom Prüfobjekt erzeugen, wobei der Objekthintergrund als heller Bereich in der Kamerabilddarstellung zu erkennen ist. Diese Beleuchtungstechnik eignet sich, um an Objekten beispielsweise das Vorhandensein oder Fehlen von Merkmalen, zum Beispiel Ausstanzungen oder Bohrungen, zu prüfen, ohne jedoch hohe Maßanforderungen an das Prüfergebnis zu stellen.
Für eine Hellfeld-Durchlichtbeleuchtung empfehlen sich je nach Anforderungen an die Prüfaufgabe entweder Lichtquellen mit diffuser oder gerichteter Beleuchtung, wie die LED-Flächenleuchte ED1E0170 (Weißlicht) mit einem Leuchtfeld von 100 x 100 mm oder die ED250170 (Weißlicht) mit einem Leuchtfeld von 200 x 200 mm. Beide Lösungen ermöglichen optional auch den Einsatz eines Blitzcontrollers.
Telezentrische/kollimierte Beleuchtung
Bei Durchlicht liefern telezentrische Beleuchtungstechniken eine exakte Abbildung von Prüfobjekten, die weitestgehend frei von Beugungseffekten ist. Daher wird diese Technik insbesondere für exakte Messaufgaben eingesetzt.
Ein mit einer Standard-Durchlichtbeleuchtung von hinten angestrahltes Objekt verändert hingegen sein Schattenbild, wobei sich dieser Effekt mit zunehmendem Abstand der Beleuchtung verstärkt. Aufgrund der Ablenkung beziehungsweise Beugung der Lichtstrahlen an der Objektkante ist das Schattenbild nicht mehr klar abgegrenzt. Für präzise Messaufgaben empfiehlt sich daher insbesondere bei Durchlicht – das für einen guten Kontrast zwischen Objekt und Hintergrund sorgt – eine telezentrische Beleuchtung in Kombination mit einem telezentrischen Kameraobjektiv. Im Portfolio von IPF Electronic steht hierzu beispielsweise die LED-Spotleuchte AO000480 im Aluminiumgehäuse mit Frontscheibe aus Glas zur Verfügung.
Gewissermaßen eine Vorstufe der telezentrischen Beleuchtung ist die sogenannte kollimierte Beleuchtung. Lösungen wie die ED750640 mit kollimierter Lichtführung liefern im Vergleich zu einer diffusen Beleuchtung ein deutlich besser gerichtetes Licht.
Farbige Beleuchtungen
Wenn über den Einfluss von diversen Beleuchtungstechniken auf die Prüfergebnisse beim Einsatz von Kameras die Rede ist, dann muss in diesem Zusammenhang auch kurz auf das Thema „farbige Beleuchtungen“ eingegangen werden. Farbige Beleuchtung werden in der Regel zur Prüfung sehr spezifischer Produktmerkmale eingesetzt und beeinflussen ebenfalls die Darstellung in einem Kamerabild und damit das Prüfergebnis.
Stellvertretend für die vielfältigen Methoden, die für den Einsatz von farbigen Beleuchtungen zur Verfügung stehen, hier nur ein Beispiel.
Farben mittels Infrarotlicht ausblenden
Infrarotlicht dient mitunter zur Prüfung von Mindesthaltbarkeitsdaten oder Barcodes auf Nahrungsmittelverpackungen. Die Farbe solcher auf Verpackungen gedruckter oder geprägter Kennzeichnungen ist in der Regel Schwarz. Die Prüfung der Kennzeichnungen wird für Kameras jedoch aufgrund des Produktdesigns erschwert, zum Beispiel farbige Abbildungen, Labels und Schriftzüge auf Joghurtdeckel. Infrarotlicht eliminiert jedoch nahezu alle Farben bei der Bildgebung mit monochromen Kameras. Die bei der Prüfung störenden Designhintergründe lassen sich somit ausblenden, während die schwarze Produktkennzeichnung im Kamerabild deutlich erkennbar ist. Im Hinblick auf die verwendeten Druckfarben sollte im Vorfeld, also während der Einrichtung eines Systems, jedoch zunächst das Prüfergebnis kontrolliert werden, da auch manche schwarze Farbe unter IR-Beleuchtung quasi unsichtbar wird. Für farbige Beleuchtungen bietet IPF Electronic ebenfalls eine ganze Reihe unterschiedlicher Lösungen, basierend auf verschiedenen Beleuchtungstechniken, an, darunter auch UV- und Infrarotlichtquellen.
Autoren
Christian Fiebach, Geschäftsführer von IPF Electronic
Tobias Gelzhäuser, Produktmanagement Kamerasensorik bei IPF Electronic
Martinus Menne, freier Journalist