Automatisierung

Sicher testen in Hochvolt-Umgebungen

E-Fahrzeug-Batterien automatisiert prüfen und auswerten

18.11.2021 - E-Autos verfügen grundsätzlich über mehrere Batterien – Herzstück ist jedoch die Traktionsbatterie. Je nach Fahrzeughersteller haben diese eine Spannung zwischen 400 V und 800 V. Der Schutz von Insassen und Werkstattpersonal vor elektrischer Hochspannung steht dabei bereits in der Entwicklung von E-Fahrzeugbatterien im Fokus und bestimmt auch die eingesetzte Messtechnik. 

In der Entwicklung und in der Qualitätssicherung der Produktion von Batteriepacks sind ausführliche Tests und Validierungen an der Tagesordnung. Im Fokus messtechnischer Prüfungen stehen die Leistung und Lebensdauer der Batterie, Nachhaltigkeitsaspekte und die Personensicherheit. Vor allem der Sicherheitsaspekt besitzt einen hohen Stellenwert, da es bei einer Traktionsbatterie bei Überhitzung oder durch Beschädigung zum sogenannten „thermischen Durchgehen“ kommen kann. Dabei schmilzt der Separator, der die negative und die positive Elektrode innerhalb der Batteriezelle räumlich und elektrisch voneinander trennt. Dies führt zu einer unkontrollierten Abgabe der gespeicherten Energie und schließlich zum Brand oder einer Explosion. Daher benötigen Traktionsbatterien im Betrieb unter anderem eine stetige Kühlung, um den optimalen Temperaturbereich zwischen +15 °C und +45 °C zu halten. Für die Leistungssteuerung und die Batteriekühlung ist in diesem Zusammenhang weiterhin die Abstimmung des Batteriemanagementsystems (BMS) entscheidend, das als Kommunikationsschnittstelle zu anderen Steuerungssystemen im Fahrzeug dient.

Alle Hersteller von Traktionsbatterien und Elektrofahrzeugen weltweit – sei es in Europa, in den Vereinigten Staaten von Amerika, der Volksrepublik China, in Korea oder Indien – folgen für die Durchführung von Batterietests freiwillig den Standards von internationalen Gremien wie der ISO (International Organization for Standardization) oder der IEC (International Electrotechnical Commission) bzw. von nationalen Vereinigungen. Es existieren zudem staatliche Regularien, die verbindliche Testverfahren und Sicherheitskriterien für Traktionsbatterien festlegen. Einer der weltweit größten Batteriehersteller, das südkoreanische Unternehmen SK Innovation, entwickelt und testet Batterien mit der Messtechnik von IMC Test & Measurement. Dabei hat IMC Korea an SK Innovation mehrere 19-Zoll-Testracks geliefert, die weltweit in unterschiedlichen messtechnischen Prüfungen zum Einsatz kommen und sich flexibel auf unterschiedliche Prüfungen abstimmen lassen. 
 

Lebensdauer- und Zerstörungstests in speziellen Testumgebungen

Die von SK Innovation eingesetzten IMC-Testracks erfassen Messdaten in Lebensdauerprüfungen, in Misuse-Tests und in Vibrationstests, um die Belastungsgrenzen, die Lebensdauer und Sicherheit von Batteriezellen, -modulen und kompletten Batteriepacks zu ermitteln. Die Untersuchungen beinhalten Lebensdauertest mit Lade- und Entladezyklen in Klimakammern, Crash-Belastung, Penetration, Stauchungs-, Biegungs- sowie Vibrationstest. Da diese Tests die Zerstörung des Batteriesystems und damit das „thermische Durchgehen“ provozieren, wird die Untersuchung an einzelnen Lithium-Ionen-Batteriezellen oder auch dem gesamten Batteriepack in einer speziellen feuerfesten und explosionssicheren Testumgebung vorgenommen.

 

Dauerlauftest mit dem IMC-Messrack

Während des Lebensdauertests werden die Zellspannung und Zelltemperatur an jeder Batteriezelle gemessen und überwacht. Für die über 100 Messstellen an dem gesamten Batteriepack kommen daher mehrere IMC-Testracks zum Einsatz, da ein IMC-Testsystem für ein Batteriemodul ausgelegt ist. Das Testsystem misst zudem die Spannung der Batteriemodule und des gesamten Batteriepacks. Die IMC-Prüfstandsoftware auf Basis von IMC-Studio und IMC-Famos steuert das Testsystem und integriert eine Echtzeit-Datenanalyse zum Anzeigen kritischer Parameter wie auch zur nachgelagerten Auswertung von Messdaten über mehrere Wochen. 

 

Messtechnik für HV-Umgebungen

Aufgrund der hohen Spannungen einer Traktionsbatterie von bis zu 800 V stellen die Messstellen eine Gefahrenquelle dar. Geeignete Messtechnik für das Messen in Hochvoltumgebungen muss gegen elektromagnetische Störsignale abgeschirmt sein und sowohl die Personensicherheit als auch den Arbeitsschutz berücksichtigen. Daher kommen hier speziell für das Messen in Hochvoltumgebungen geeignete CAN-Messmodule zum Einsatz, deren Einbau und Verdrahtung nur von geschultem Personal übernommen werden darf. Das IMC-Testsystem für SK Innovation umfasst mehrere IMC CANSASflex-HISO8-L Messmodule, die gleichzeitig bis zu 56 Zellspannungen oder Temperaturen (PT100 / Thermoelemente) auf bis zu 800 V Spannungsniveau messen. An weitere hochisolierte CAN-Messmodule, wie das IMC-CANSASflex-HISO8-T-8L, werden bis zu 24 Thermoelemente auf 800 V Spannungsniveau angeschlossen. Zudem sind in das Messrack über weitere 32 Thermoelemente für die Temperaturmessung eingebaut. Die Modulspannung wird mit einem IMC-CRONOSflex-HV2-4U-Messsystem erfasst. Alle hier eingesetzten IMC-CAN-Messmodule besitzen eine hohe Isolationsfestigkeit von 800 V CAT I und 300 V CAT II. Die IMC-CRONOSflex HV2-4U Module zur direkten Messung von 1.000 V verfügen außerdem über eine Isolationsfestigkeit von 1.000 V CAT II und 600 V CAT III gemäß der Gerätesicherheitsnorm EN 61010). 

 

Prüfstandsteuerung und Datenanalyse mit IMC-Studio

Die Prüfstandsteuerung auf Basis der Software IMC-Studio regelt anhand der aufgearbeiteten Messgrößen den Lade- und Entladevorgang einer bidirektionalen DC-Quelle in den verschiedenen Testumgebungen. Weiterhin lassen sich zusätzliche Prüfstandskomponenten integrieren und ebenfalls über die Software steuern und regeln.
Die Testverfahren unterscheiden sich in der Auslegung, dem zeitlichen Ablauf und in der Messdatenerfassung teilweise stark voneinander, sodass sehr heterogene Datenformate erfasst und ausgewertet werden. Der Lebensdauertest eines Batteriepacks beispielsweise umfasst mehrwöchige Lade- und Entladezyklen, wobei das Batteriepack in einer Klimakammer verschiedenen Feuchtigkeitsgraden und Temperaturverläufen ausgesetzt wird. Beim Testen der Penetrationsbelastung erfasst das IMC-Testsystem zeitsynchron die Batteriezellenspannung, die Temperaturaufzeichnung von einer Wärmebildkamera und Videodaten, die die Zerstörung dokumentieren. Auch im Crash- bzw. Misuse-Test (gezielte Crash-, Stauchung- oder Biegungsbelastung) müssen die Messdaten aus einer Wärmebildkamera und Videobilder aus einer Hochgeschwindigkeitskamera gleichzeitig gespeichert werden. Bei der Vibrationsprüfung werden die Batterien mit Schwingungen, die im Fahrbetrieb auftreten, beaufschlagt, um Materialbelastungen am System zu analysieren. Ein sogenannter „Shaker“ erzeugt starke Vibrationen und das Testsystem überwacht dabei den Zustand des Batteriepacks während des Ladens und Entladens.

In allen messtechnischen Untersuchungen übernimmt die IMC-Studio-Applikation folgen­de Funktionen:

  • erkennen eines Sensorbruchs bei den Thermoelementen,
  • überwachen der Messwerte auf ­einstellbare Minima und Maxima,
  • überwachen der Messwerte auf ­unplausible Änderungen wie z. B. 
  • ein zu starker Anstieg oder Abfall 
  • der Werte in kurzer Zeit,
  • überwachen bei unveränderten Messwerten,
  • steuern und Regeln weiterer Prüfstandskomponenten,
  • beenden des Tests,
  • sichern von Daten im Ringspeicher.

Die Auswertung der Messdaten erfolgt mit der Software IMC Famos. Sie ermöglicht es, Analysen standortübergreifend auszuführen und die Qualitätsanforderungen der Batterieproduktion auf hohem Niveau zu halten. SK Innovation setzt mittlerweile an seinen Standorten weltweit mehrere 19-Zoll-Testracks von IMC ein. Das Testsystem ist dabei so flexibel aufgebaut, dass es sich sowohl in der Auslegung der Messhardware als auch innerhalb der Softwareapplikation an verschiedene Prüfaufgaben anpassen lässt.  

Autor
Rolf Spellmeyer, IMC Business Development Manager E-Mobility

Kontakt

imc Test & Measurement GmbH

Voltastrasse 5
13355 Berlin
Deutschland

+49 30 467090 26

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