Maschinelles Lernen hilft bei der Detektion von SiC-Wafer-Fehlern
12.12.2024 - Künstliche Intelligenz in der Halbleiterindustrie
Das Erkennen von Defekten auf Siliziumkarbid (SiC)-Wafern ist wichtig für die Qualität von Halbleitern, deren Eigenschaften für Branchen wie die Elektronik- oder Automobilindustrie von entscheidender Bedeutung sind. Um die Fehlererkennung zu verbessern, wurde eine maßgeschneiderte Lösung mit maschinellem Lernen entwickelt, die die Effizienz und Genauigkeit der Waferinspektion erhöht.
Siliziumkarbid (SiC) wird in der Halbleiterindustrie aufgrund seiner einzigartigen technischen und physikalischen Eigenschaften gern eingesetzt, um die Leistung moderner Schaltkreise zu verbessern. Der Einsatz von SiC-Bauelementen nimmt rapide zu, insbesondere in Elektrofahrzeugen, Systemen für erneuerbare Energien und Antrieben in der Industrie, da sie eine höhere Effizienz, Leistungsdichte und Zuverlässigkeit besitzen.
Das Problem: Effiziente Analyse kompletter Wafer mit großen Durchmessern
Um die Kontrolle effizienter zu gestalten und den SiC-Wafer-Produktionsprozess und die Qualität des Endprodukts zu überwachen, nahm Ebner European Mono Crystal Operation (EEMCO) die Hilfe des Customized Solutions Teams von Evident in Anspruch. Ziel war es, eine Lösung zu entwickeln, mit der umfassende optische Analysen kompletter Wafer mit einem Durchmesser von 150 mm und 200 mm (6 Zoll und 8 Zoll) durchgeführt werden können.
„Das ist eine gewaltige Aufgabe“, unterstrich Dr. Radomski und weist auf die Herausforderungen hin. „Erstens ist die Aufnahme von hochauflösenden Bildern (1-2 µm/Pixel) des kompletten Wafers zeitaufwändig und erzeugt eine große Datenmenge pro Wafer. Zweitens kann die herkömmliche Partikelanalyse aufgrund von Clusterbildung und Überschneidungen Versetzungen nicht genau erkennen, so dass eine einfache Segmentierung anhand der Schwellenwerte für aussagekräftige Ergebnisse nicht ausreicht.”
Ein Nachteil der Schwellenwertmethode ist deren Unfähigkeit, bestimmte Strukturen in Bildern zu erkennen. Stattdessen identifiziert die herkömmliche Partikelanalyse mehrere Objekte gleichzeitig, ohne sie anhand vordefinierter Graustufen- oder RGB-Intensitätswerte zu unterscheiden.7 „Im Gegensatz dazu“, betont Sergej Bock, „bildet das maschinelle Lernen Regeln für die Objekterkennung, die auf mehreren Beispielen interessierender Objekte basieren.” Diese automatisierte Auswertung mit tiefen künstlichen neuronalen Netzen, die Bildbereiche unabhängig von voreingestellten Schwellenwerten selbstständig klassifizieren, erleichtert die rationelle Bildanalyse und erhöht die Genauigkeit.
Das Team von Evident Customized Solutions demonstrierte erfolgreich die Wirksamkeit eines Segmentierungsansatzes unter Verwendung eines entsprechend trainierten neuronalen Netzwerks. Dieser Ansatz ermöglicht die automatische Trennung von gebündelten und überlagerten Versetzungen und erleichtert so eine umfassende Analyse der Fehlerdichte.
Verdoppelung des Erfassungs- und Analysedurchsatzes durch zweifache Verarbeitung
Da die Defektdichte pro Flächeneinheit ein zentrales Qualitätskriterium für SiC-Wafer ist, arbeitet die kundenspezifische Lösung mit einem „divide and conquer“-Ansatz, bei dem der Prozess in Erfassungs- und Analyseschritte unterteilt wird, die jeweils auf einem separaten PC bearbeitet werden. Da zwei Instanzen der Preciv-Software die Erfassungs- und Analyseworkflows parallel durchführen, verdoppelt sich der Durchsatz, und die Gesamteffizienz steigt.
Solutions Manager Dr. Norbert Radomski von Evident Technology Center Europe (ETCE) erläuterte den gesamten Prozess so: „Nach der Aufnahme wird das gesamte Waferbild vom Aufnahmesystem an einem vordefinierten Ort gespeichert. Eine Statusdatei zeigt die Vollständigkeit des Bildes an und signalisiert, ob die Analyse durch die auf einem neuronalen Netz basierende Lösung zur Fehleranalyse von Wafern begonnen werden kann. Diese Analyselösung unterteilt das große Waferbild in kleinere Kacheln mit benutzerdefinierten Abmessungen und führt für jede Kachel eine Stapelanalyse mit Hilfe eines neuronalen Netzes durch. Die Aufteilung der Berechnungen auf kleinere Kacheln verbessert die Effizienz deutlich. Außerdem enthält die Ausgabe Daten zur Defektdichte für jeden einzelnen Kachelbereich. Da die Positionen dieser Kacheln auf dem Wafer bekannt sind, liefert die Ausgabe praktisch eine Dichtekarte für den gesamten Wafer.”
Genaue Aufzeichnungen der Inspektionsergebnisse jedes SiC-Wafers
Die Ergebnisse der SiC-Wafer-Inspektion können im CSV- oder XLSX-Format exportiert werden und enthalten detaillierte Daten pro Kachel, beispielsweise spezifische Informationen über erkannte Fehler beziehungsweise in einer Zusammenfassung im Tabellenformat die Fehlerklassen pro Kachel. Das Primärblatt enthält ein Bild pro Kachel sowie die Objekt-IDs, die identifizierten Fehler, den jeweiligen Massenschwerpunkt in X- und Y-Richtung sowie verschiedene Formfaktoren wie Rundheit und Ausrichtung.
Die Zusammenfassung enthält Zeilen- und Spalten-IDs für alle Teilflächen sowie die Anzahl der einzelnen Fehler pro Klasse. Jede Klasse steht für einen bestimmten Fehlertyp. Darüber hinaus generiert die Software ein umfassendes Übersichtsbild des SiC-Wafers im TIF-Format mit einer farblich gekennzeichneten Erkennungsebene zur Unterscheidung der Fehlerklassen. Zu Dokumentationszwecken kann auch ein komprimiertes JPEG-Bild mit eingebetteten Erkennungsüberlagerungen erstellt werden. Diese sorgfältig organisierten Bilder und Daten ermöglichen eine effiziente Fehleranalyse des kompletten Wafers.
Kundenspezifische Lösung ermöglicht höhere Qualität und Leistung von SiC-Wafern
Durch die Preciv-Software und das maschinelle Lernen konnte EEMCO die Erkennung und Charakterisierung von SiC-Waferfehlern erheblich verbessern. Die Lösung steigert die Effizienz der Workflows und trägt zu einer höheren Produktqualität und konsistenten Leistung bei verschiedenen Anwendungen bei.
Radomski erläutert die Vorteile ihrer maßgeschneiderten Wafer-Inspektionslösung: „Unser erweitertes Portfolio umfasst nun auch die Erfassung und Analyse kompletter geätzter SiC-Wafer von 6 bis 8 Zoll,“ unterstrich Radomski.2, 3 Dr. Sergej Bock, ebenfalls Solution Manager bei ETCE ergänzte: „Durch den Einsatz von maschinellem Lernen verbessert unsere Lösung die Fehlercharakterisierung, und die laufende Analyse schon während der Datenerfassung steigert die Effizienz.”
Diese Inspektionslösung erleichtert das Erkennen und Charakterisieren von Fehlern, die während der SiC-Kristallzüchtung über den physikalischen Gasphasentransport (engl. physical vapor transport) (PVT) zur Bildung eines Monokristalls innerhalb einer SiC-Gasphase entstehen können. Um die Fehlerdichte zu verringern, ist das Management der Kristallspannungen beispielsweise der Mikroröhren (engl. micropipes) (MP), Basalflächenversetzungen (engl. basal plane dislocations) (BPD), Schraubenversetzungen (engl. threading screw dislocations) (TSD) und Stufenversetzungen (engl. threading edge dislocations) (TED) entscheidend.4 Diese Fehler beeinflussen die elektrischen Eigenschaften von SiC-Wafern erheblich. Die Ätzmethode mit geschmolzenem Kaliumhydroxid (KOH) ist ein wirksames Mittel zur Charakterisierung von Versetzungen in SiC.5.
Autoren
Dr. Sergej Bock, Solution Manager in der Global Customized Solutions Group bei Evident
Dr. Norbert Radomski, Solution Manager in der Global Customized Solutions Group bei Evident
Literaturnachweise
- “EEMCO Applications.” 2021. EEMCO.
- Bock S. und Radomski N. 2022. „Optimizing Wafer Inspection with Advanced Microscopy and Image Analysis.” Electronics Today.
- Bock S. 2023 „Optimize Your Wafer Inspection Microscope and Workflow.” Evident InSight Blog.
- Seldrum T. „Short Overview Etch Pits: High Quality 150 mm SiC Substrates for Power Electronics Application.” Power Electronics Europe. Ausgabe 4.
- Wang et al. 2021. „Micropipes in SiC Single Crystal Observed by Molten KOH Etching” Materials. 14(19), 5890.
- Ou et al. 2023 „Novel Photonic Applications of Silicon Carbide.” Materials. 16(3), 1014.
- Janovsky A. 2023. „The Potential of AI-Based Image Analysis in Metallography and Materialography.” Evident InSight Blog.