Multimodale Fehlererkennung in Laserablationsprozessen
13.12.2024 - Prozessüberwachung mittels optischer und akustischer Daten
Stark beanspruchte Elektronik, wie Steuerungen für elektrische Antriebe oder intelligente Messsysteme, werden zum Schutz vor Umwelteinflüssen üblicherweise lackiert oder verklebt. Dies macht eine Reparatur oder das Recycling nahezu unmöglich. Es besteht ein genereller Zielkonflikt zwischen der Langlebigkeit und der Recyclingfähigkeit elektronischer Komponenten. Aber es gibt einen Ausweg.
Bei der Laserablation wird Material von einer festen Oberfläche durch Bestrahlung mit einer intensiven kontinuierlichen Welle (engl. intense continuous wave) oder einem gepulsten Laserstrahl abgetragen [1]. Diese Technik wird aufgrund ihrer Präzision und Kontrolle häufig in Bereichen wie der Materialwissenschaft, der Biomedizin und der Elektronik eingesetzt. Die Laserablation ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden, insbesondere bei der Erkennung eines zu starken Abtrags, der zu einer Beschädigung der elektronischen Komponenten führen kann.
Das Erkennen der Überablation ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da sie eine Echtzeitüberwachung und eine präzise Steuerung der Laserparameter erfordert. Herkömmliche Methoden, wie die visuelle Inspektion, und Nachbearbeitungsanalysen mit Techniken wie Mikroskopie oder Oberflächenprofilierung zur Bewertung des Materialabtrags sind nicht empfindlich oder schnell genug, um den Beginn der Überablation exakt zu erkennen, weshalb es der Entwicklung neuer Methoden zur automatisierten Prozessüberwachung und -steuerung bedarf.
Neue Lösungswege zur echtzeitnahen Prozessüberwachung
Untersuchungen haben gezeigt, dass die beim Laserabtrag entstehenden akustischen Emissionen wertvolle Informationen über die Materialreaktion und die Abtragdynamik enthalten [2][3]. Durch die Analyse dieser Signale ist es möglich, den Beginn eines Überabtrags zu erkennen und die Laserparameter entsprechend anzupassen. Prozessspezialisten haben zudem deutlich hörbare Schwankungen in den Audiosignalen während des Laserabtrags festgestellt, insbesondere wenn ein Überabtrag auftritt. Diese Schwankungen äußern sich als Änderungen der Frequenz, der Amplitude oder des Rhythmus des emittierten Schalls. Solche akustischen Signaturen dienen den Bedienern als Indikatoren für potenzielle Probleme.
Die Einbeziehung von Bilddaten zum Beispiel eines CCD-Sensors (Charge Coupled Device Sensor) in den Überwachungsprozess kann die Erkennungsmöglichkeiten verbessern [4]. Eine hochauflösende Bildgebung kann ein visuelles Feedback über Veränderungen der Oberflächenmorphologie während des Abtrags liefern, da sie Parameter wie Lichtintensität, spektrale Eigenschaften und Änderungen der Oberflächenmorphologie enthalten, die mit der Qualität des Abtragungsprozesses korreliert. Durch die Konzentration auf bestimmte Wellenlängen, die mit dem Betrieb des Lasers zusammenhängen, kann diese Methode die Fehlererkennung verbessern und den Laserabtragprozess optimieren.
Lasereinstellungen mithilfe von KI dynamisch anpassen
Die thermische Überwachung hingegen konzentriert sich auf die Messung von Temperaturänderungen im Material während des Laserabtrags, um Kollateralschäden zu vermeiden. Das Erfassen der Temperaturverteilung in Echtzeit ermöglicht es, Hotspots zu erkennen, die auf eine Überablation hinweisen können [5]. Diese Modalität lässt sich in die Modellierung integrieren, um den Wärmestau vorherzusagen und die Lasereinstellungen dynamisch anzupassen.
Die akustische Überwachung von Laserablationsprozessen ist ein neues Anwendungsgebiet für die Modelle künstlicher Intelligenz (KI) des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau. Die Wissenschaftler sind auf die Analyse von Industriegeräuschen mittels Luftschallmonitoring und Methoden des maschinellen Lernens spezialisiert. Derzeit wird an intelligenten akustischen Überwachungssystemen zur Verbesserung der industriellen Qualitätssicherung von Füge- und Trennverfahren geforscht. Bei der Überwachung von Laserabtragprozessen können durch den Einsatz der akustischen KI Materialübergänge, Überabtrag und andere Prozessunregelmäßigkeiten frühzeitig erkannt und die Laserparameter optimiert werden, um hochpräzise Ergebnisse zu erzielen.
Prozessdaten geben Aufschluss
Methoden des maschinellen Lernens bieten einen vielversprechenden datengetriebenen Ansatz für die Erkennung von Überabtrag in Laserablationsprozessen. Diese Verfahren können große Datensätze analysieren und Muster erkennen, die mit konventionellen Methoden nicht zu erkennen sind. Tiefe neuronale Netze beispielsweise (engl. Deep Neural Networks DNN) können darauf trainiert werden, bereits sehr kleine Veränderungen im Ablationsprozess zu erkennen, die auf eine Überablation hindeuten. Durch diese Überwachungsmöglichkeiten lassen sich somit Schäden am Material vermeiden.
Die Prozessstabilität kann multimodal überwacht werden. Audio- und Bilddaten (zum Beispiel von CCD-Sensoren) sowie thermische und optische Daten (zum Beispiel von der abstimmbaren Diodenlaser-Absorptionsspektroskopie) sind besonders nützlich, um einen Überabtrag zu erkennen. Das wahrgenommene akustische Signal kann bereits während des Abtrags Aufschluss über die Reaktion des Materials auf den Laser geben. Bilddaten hingegen liefern visuelle Informationen über die Oberflächenmorphologie und Veränderungen im Materialgefüge. Zusätzlich unterstützen thermische und optische Prozessdaten die Anpassung der Laserparameter in Echtzeit und verbessern somit die Prozesskontrolle. Die Bildmodalität liefert hierbei statische visuelle Darstellungen, um die physikalischen Eigenschaften zu bewerten. Die optische Modalität konzentriert sich auf dynamische Lichtwechselwirkungen, die die Materialzusammensetzung und Veränderungen während des Abtragprozesses zeigen.
Die Kombination dieser Datentypen kann die Erkennungsgenauigkeit eines Überabtrags weiter erhöhen und ein umfassenderes Verständnis des Abtragprozesses ermöglichen.
Multimodales Deep-Learning-Verfahren zur Prozessoptimierung
Ein multimodales DNN ist für diese Kontrolle von Laserabtragprozessen besonders nützlich, da es mehrere Datentypen gleichzeitig analysieren kann. Durch die Kombination von Audio-, Bild-, Wärmebild- und optischen Daten kann das Modell die Stärken der einzelnen Modalitäten nutzen und eine genauere und robustere Erkennung von Überablation ermöglichen. Durch die Integration verschiedener Datentypen kann das Modell ein breiteres Spektrum von Merkmalen und Mustern erfassen und so seine Gesamtleistung verbessern. Um den Laserablationsprozess zu verbessern, ist es notwendig, spezifische Informationen aus verschiedenen Modalitäten zu gewinnen.
Um die verschiedenen Datentypen effektiv zu kombinieren, können verschiedene Methoden angewendet werden, so zum Beispiel die frühe Fusion, bei der die Merkmale bereits auf der Input-Ebene verkettet werden. Bei der späten Fusion hingegen werden die Vorhersagen der einzelnen Modalitäten erst auf der Output-Ebene (Klassifikationsebene) kombiniert. Ein weiterer hybrider Ansatz, verwendet beide Strategien auf Grundlage der Endergebnisse [6][7]. Mit den Informationen aus jeder Modalität werden verschiedene Extraktionstechniken angewendet. Die Ergebnisse werden dann zu einem kombinierten Merkmalsvektor verknüpft und durch vollständig verknüpfte Schichten geleitet, um eine binäre Klassifizierung zu erstellen, die eine Überablation anzeigt.
Literatur
[1] www.sciencedirect.com/topics/materials-science/laser-ablation
[2] www.researchgate.net/publication/378921791_Multimodal_image-guided_laser_ablation_system_for_precise_3D_tissue_sampling_and_subsequent_analysis_of_biomolecules_for_cancer_research
[3] www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7074666/
[4] www.degruyter.com/document/doi/10.1515/aot-2021-0038/html?lang=en
[5] opg.optica.org/oe/fulltext.cfm?uri=oe-23-2-1035&id=307810
[6] www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2590123023003614
[7] www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10007548/
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