Mikrometergenau messen ohne Risiko
19.04.2024 - Inkrementelle Längen- und Winkelmessgeräte für den Einsatz in den Atex-Zonen 1 und 2
Längen- und Winkelmessgeräte erfassen Positionsdaten mit hoher Präzision. Die inkrementellen Ausführungen eines österreichischen Herstellers verfügen zudem über eine Atex-Zertifizierung, sodass sie auch in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden können.
Es ist laut in der Halle, denn die Tiefdruckrotation läuft auf Hochtouren. Der Druckvorgang selbst ist von außen nicht zu erkennen: Er findet im Inneren der Maschine statt und wird vom sogenannten Druckwerk ausgeführt. Es besteht aus einem Druckformzylinder, einem Gegendruckzylinder und einem Rakel, das überschüssige Farbe vom Druckformzylinder abstreift.
Für ein gestochen scharfes Druckbild ist die exakte Ausrichtung der einzelnen Komponenten des Druckwerks zueinander entscheidend. Das funktioniert nur, wenn die Maschinensteuerung die genaue Position dieser Komponenten jederzeit „kennt“. In den Druckmaschinen eines bekannten Herstellers erfassen deshalb hochgenaue inkrementelle Winkelmessgeräte von Amo kontinuierlich die Winkelstellung der Zylinder, Walzen und Rakel. Die Messgeräte erreichen, abhängig vom Durchmesser des Messflansches, eine Positioniergenauigkeit von wenigen Winkelsekunden bei einer maximalen Drehzahl von 26.000 min-1.
Sämtliche Längen- und Winkelmessgeräte von Amo arbeiten nach dem patentierten induktiven Amosin-Abtastprinzip. Eine planare Spulenstruktur tastet ein hochgenau strukturiertes Edelstahlband ab. Es wird in einem speziellen Herstellungsprozess zu einem geschlossenen Messring geformt, der entweder auf einem Teilungsträger als Winkelmessflansch oder als dünnwandiger Messring erhältlich ist. Da das Edelstahlband berührungslos abgetastet wird und die Messgeräte keine magnetischen Teile enthalten, sind sie unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen sowie Schmutz.
Messgeräte in verschiedenen Ausführungen
Amo fertigt seine inkrementellen Messgeräte in einer absoluten und einer inkrementellen Ausführung. Beim absoluten Messverfahren steht der Positionswert unmittelbar nach dem Einschalten des Messgerätes zur Verfügung und kann jederzeit von der Folgeelektronik ausgelesen werden. Ein Verfahren der Achsen zum Ermitteln der Bezugsposition ist nicht notwendig. Die inkrementellen Modelle gewinnen die Positionsinformation dagegen durch Zählen der einzelnen Inkremente der periodischen Teilung. Da zum Bestimmen von Positionen ein absoluter Bezug erforderlich ist, verfügt die Maßverkörperung über eine zusätzliche Spur, die eine Referenzmarke trägt. Die mit der Referenzmarke festgelegte absolute Position des Maßstabes ist genau einem Messschritt zugeordnet.
Gefahr durch explosionsfähige Atmosphäre
In Druckmaschinen werden allerdings nicht die Standardausführungen der inkrementellen Winkelmessgeräte eingesetzt. Das hängt damit zusammen, dass viele der beim Druckprozess verwendeten Farben Lösungsmittel enthalten. Deren Dämpfe können sich ab einer bestimmten Konzentration in der Umgebungsluft zusammen mit Sauerstoff zu einem explosionsfähigen Gemisch verbinden.
Die Explosionsgefahr wird zwar durch zahlreiche Sicherheitsmaßnahmen so gering wie möglich gehalten. So leiten zum Beispiel Absauganlagen über dem Trockner die Lösemitteldämpfe ab und führen sie einer Abluftbehandlungsanlage zu. Da sich die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre im Umfeld von Druckmaschinen aber nicht hundertprozentig verhindern lässt, müssen einige Komponenten der Anlagen die Anforderungen der Atex-Richtlinie 2014/34/EU erfüllen. So befinden sich die Bereiche zwischen den Druckwerksseitenwänden und im Bedienungsgang zwischen den Druckwerken in der Atex-Zone 1. Hier kann bei Normalbetrieb gelegentlich eine explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln entstehen.
Atex-zertifizierte Messgeräte
Inkrementelle Winkel- und Längenmessgeräte von Amo wurden vom TÜV Austria für den Einsatz in den Atex-Zonen 1 und 2 im Temperaturbereich zwischen –10 °C ≤ Tamb ≤+70 °C zertifiziert (Ex mb IIC T4 Gb). Damit können die Geräte auch in Anwendungen verbaut werden, die eine Oberflächentemperatur von bis zu 135 °C erreichen. Möglich wurde das durch eine einfache konstruktive Veränderung: „Wir haben die zündfähigen Komponenten der Geräte mit einer speziellen Vergussmasse gekapselt, sodass eine eventuell vorhandene explosionsfähige Atmosphäre nicht mit der Elektronik in Berührung kommen kann“, so Engelbert Hager, kaufmännischer Leiter bei Amo.
Kapselung verhindert Selbstentzündung
Die Kapselung begrenzt zudem die maximale Oberflächentemperatur der Geräte. Diese muss kleiner sein als die Zündtemperatur des Gas- bzw. /Dampf-Luft-Gemisches, in dem es eingesetzt wird. Bei der Ermittlung der maximalen Oberflächentemperatur wird stets ein Sicherheitsabstand zur kleinsten Zündtemperatur der in der jeweiligen Temperaturklasse zusammengefassten Stoffe eingerechnet. In Atex-Zone 1 darf die maximale Oberflächentemperatur nur selten 80 Prozent der geringsten Zündtemperatur der in der Temperaturklasse definierten Gas- bzw. Dampf-Luftgemische überschreiten, in der Zone 2 darf die Zündtemperatur nur in Sonderfällen erreicht werden.
Kapselung für hohen Schutz
Die Atex-Zertifizierung ermöglicht auch den Einbau der Messgeräte in Anwendungen der Metallindustrie. Ein Anwendungsbeispiel ist das sogenannte Brennschneiden, eines der ältesten Trennverfahren in der Metallverarbeitung. Zur Vorbereitung des Schneidevorgangs wird die Anschnittstelle auf Zündtemperatur erwärmt. Dazu wird eine sogenannte Heizflamme benötigt – ein Brenngas-Sauerstoff-Gemisch. Häufig nutzt die Industrie als Brenngas Acetylen (C2H2), da es im Vergleich zu anderen Brenngasen eine hohe Schneidleistung hat und die höchste Primärflammenleistung bietet.
Acetylen kann aber auch mit Luft und Sauerstoff eine explosionsfähige Atmosphäre bilden. Da die Elektronik der Längenmessgeräte von Amo gekapselt ist, gelangen weder Funken nach außen noch Gas-Sauerstoff-Gemische ins Innere der Geräte-Elektronik.
Unempfindlich gegenüber rauen Umgebungen
Eine weitere charakteristische Eigenschaft der inkrementellen Messgeräte von Amo ist ihre Robustheit: Staub und Schmutz können ihnen aufgrund der Schutzart IP67 nichts anhaben. Mögliche Einsatzgebiete sind deshalb auch Anlagen für die Öl- und Gasförderung – sowohl Onshore als auch Offshore. So messen Längenmessgeräte in Bohrtürmen den Hub des Bohrgestänges, damit die Pipe-Handling-Anlage rechtzeitig neue Bohrstangen nachliefern kann.
„Hochpräzise Messtechnik und individueller Service“
Amo bietet der Industrie nicht nur explosionsgeschützte inkrementelle Messgeräte von der Stange. Das Unternehmen passt die Atex-konformen Produkte – wie auch alle anderen – an die Anforderungen des Kunden an. „Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Druckmaschinen-Hersteller, für den wir eine spezielle Gehäuseform für unser Messgerät entwickelt haben“, erzählt Engelbert Hager. Die Kunden schätzen die Automatisierungsspezialisten genau für diese Kombination aus hochpräziser, robuster Messtechnik und individuellem Service.
Autor
Gerhard Schuy, Leiter Vertriebsinnendienst
Kontakt
AMO Automatisierung Messtechnik Optik GmbH
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Österreich
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