Bildverarbeitung

Bildverarbeitung über das Spektrum hinweg

Licht in verschiedenen Wellenlängenbereichen und seine Anwendungen

09.07.2021 - Häufig glaubt der Mensch Dinge nur dann, wenn er sie sehen kann. Ein Qualitätssicherungs-Ingenieur kann einen Herstellungsfehler zum Beispiel oft erst verstehen, wenn er einen störenden Haarriss oder eine Material­verformung erkennt. Manchmal ist die Geschwindigkeit oder die Auflösung die wesentlichen Herausforderungen in einer Bildverarbeitungs­anwendung. Manchmal ist es das Licht an sich.

Es lohnt sich, über den Bereich des sichtbaren Lichts hinauszublicken. Durch die Arbeit vieler Wissenschaftler wissen wir, dass Licht aus elektromagnetischen Wellen mit Frequenzen von 20 Terahertz bis über 30 Exahertz besteht, was Wellenlängen von Tausenden von Nanometern bis zu einem Bruchteil der Größe eines Atoms entspricht. Dieser Bereich wird in separate Wellenlängen-Bänder unterteilt, die sich auf vielfache Weise unterscheiden. Dieser Artikel betrachtet vier dieser Frequenzbänder – Röntgen, Ultraviolett, sichtbares Licht und Infrarot – und zeigt ihre praktischen Anwendungsmöglichkeiten.
 

Manche Tiere sehen mehr als Menschen

Viele Lebewesen können Licht mit Frequenzen außerhalb des für den Menschen sichtbaren Spektrums erkennen. Bienen und anderen Insekten hilft ultraviolettes Licht zum Beispiel bei der Nektarsuche. Pflanzenarten, die von der Bestäubung durch Insekten abhängen, verdanken ihren Fortpflanzungs­erfolg ihrem Erscheinungsbild im ultravioletten Licht. Auch Vögel können im Ultraviolett-Bereich zwischen 300 und 400 nm sehen und haben teilweise geschlechtsabhängige Markierungen am Gefieder, die nur im UV-Bereich sichtbar sind. Einige Schlangen können Strahlungswärme bei Wellenlängen zwischen 5 und 30 μm mit einer derartigen Genauigkeit wahrnehmen, dass sogar völlig blinde Klapperschlangen Beute aus einem Meter Entfernung erkennen und empfindliche Körperteile angreifen können.

Röntgen: Die durchdringende Strahlung

Röntgenstrahlen haben Wellenlängen von 0,01 bis 10 nm und können relativ dicke Objekte durchqueren, ohne stark absorbiert oder gestreut zu werden. Sie kommen häufig zum Einsatz, um das Innere von Objekten abzubilden, zum Beispiel Organe, Knochen und Zähne, aber auch Gepäck, Mikrochips, Schweißnähte, Beton, Keramik, Wände oder Kunstwerke. Diese Technologie eignet sich somit für alle Inspektionen, bei denen Merkmale wie die strukturelle Integrität, der Aufbau von Schichten, Inhalte oder weitere Eigenschaften unter der Oberfläche untersucht werden müssen.
Ein bekanntes Beispiel für den Einsatz von Röntgenstrahlen ist das medizinische Röntgen. Knochen absorbieren Röntgenstrahlen sehr stark und erzeugen somit einen hohen Kontrast, der vor dem schwarzen Hintergrund eines Röntgenbildes heller als der Rest erscheint. Weniger dichte Gewebe wie Fett und Muskeln sowie luftgefüllte Hohlräume wie die Lunge erscheinen auf einem Röntgenbild in Grautönen. Dies ermöglicht Radiologen medizinische Diagnosen unter der Hautoberfläche.

Licht nicht nur sehen, sondern auch fühlen

Ultraviolettes (UV) Licht wird in verschiedenen Anwendungen eingesetzt, unter anderem in der Verbrechensbekämpfung – zum Finden und Identifizieren von Körperflüssigkeiten –, zum Veranschaulichen unhygienischer Bedingungen in Hotels oder zum visuellen Erkennen von UV-empfindlichen Wasserzeichen auf Dokumenten wie Führerscheinen, Reisepässen und Währungen.

UV-Licht liegt mit seiner Wellenlänge von 10 bis 400 nm zwischen der Röntgenstrahlung und dem sichtbaren Spektrum und damit immer noch außerhalb des Bereichs, den der Mensch sehen kann. Es ist nicht so stark wie Röntgenstrahlen, aber stark genug, um bestimmte Materialien zu schädigen. Kurzwelliges UV-Licht schädigt die DNA und sterilisiert Oberflächen. Sonnenbrand ist für den Menschen eine Auswirkung von UV-Licht.

Langwelliges UV-Licht kann chemische Reaktionen hervorrufen und Substanzen zum Glühen oder Fluoreszieren anregen. Viele Anwendungen der UV-Strahlung ergeben sich daher aus der Wechselwirkung mit organischen Molekülen.
UV-Licht interagiert mit Materialien und ermöglicht es, Merkmale und Eigenschaften zu beobachten, die mit anderen Methoden nur schwer zu erkennen sind. Dieses Licht absorbieren viele Materialien stark, wodurch die Oberflächentopologie eines Objekts sichtbar wird, ohne dass das Licht in das Innere eindringt.

Für die Bildverarbeitung bedeutet das Risiko einer Beschädigung durch starkes UV-Licht Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel in der Bio-Industrie oder bei der Prüfung feiner Details von Elektronikbauteilen, da die Erwärmung durch die UV-Lichtquelle zu Beschädigungen bei digitalen Teilen führen kann.

  • UV-Strahlung kommt unter anderem zum Einsatz zur
  • Desinfektion von Leitungs- und Trinkwasser, 
  • Behandlung von empfindlicher Haut oder Hauterkrankungen,
  • Sterilisierung von Oberflächen und Werkzeugen, zum Beispiel in Biolaboren und medizinischen Einrichtungen,
  • Herstellung von Halbleitern, integrierten Schaltkreiskomponenten und Leiterplatten (UV-Lithografie),
  • Analyse molekularer Strukturen in der Chemie.

Das sichtbare Spektrum

Der für den Menschen sichtbare Wellenlängenbereich liegt bei etwa 380 bis 740 nm, wobei Erwachsene unter Laborbedingungen Licht mit Wellenlängen von bis zu 1.080 nm und Kinder sehr kurze Wellenlängen bis zu 310 nm sehen konnten. Der sichtbare Teil des Spektrums reicht von violettem Licht mit der kürzesten sichtbaren Wellenlänge bis hin zu Rot.

Sichtbares Licht ist in der Industrie unter anderem bei der autonomen Kontrolle von Halbleitern, Leiterplatten oder Behältern im Einsatz. Maschinen zur optischen Inspek­tion arbeiten mit sichtbarem Licht oder einer Kombination aus sichtbarem Licht und elektromagnetischer Strahlung mit anderen Wellenlängen.

Wärme sehen

Infrarotlicht (IR-Licht) ist für das menschliche Auge unsichtbar, wird aber als Wärme wahrgenommen. Jedes Objekt sendet eine gewisse IR-Strahlung aus. Die offensichtlichsten Quellen sind die Sonne und Feuer. Infrarotwellen treten bei Frequenzen über denen von Mikrowellen und knapp unterhalb denen von rotem sichtbarem Licht auf. Die Wellen der IR-Strahlung sind länger als die des sichtbaren Lichts und liegen bei 1.000 µm bis 760 nm.

Wärmebildgeräte wie Nachtsichtbrillen oder Infrarotkameras machen die von warmen Objekten wie Menschen und Tieren emittierten Infrarotwellen sichtbar. Die Infrarotbeobachtung spielt auch in der Astronomie eine wichtige Rolle: Damit lassen sich Objekte erkennen, die zu kühl oder zu schwach sind, um im sichtbaren Licht gefunden zu werden. Astronomen verwenden diese Eigenschaft, um Planeten, kühle Sterne und Nebel im Weltraum zu beobachten.

In der Industrie ermöglicht die Infrarot­bilderfassung unter anderem:

  • zerstörungsfreie und berührungslose Materialprüfungen,
  • Erkennen von Schichtstrukturen, ­Ablösungen oder Einlagerungen in Kunststoffen,
  • Untersuchung innerer Strukturen und deren Auswirkungen auf Leichtbaukonstruktionen,
  • Erkennen tiefliegender Materialfehler wie Lunker in Kunststoffteilen oder gerissene Laserschweißnähte,
  • Erkennen verstopfter Luftkühler und Kühlerrohre in Verbrennungsmotoren,
  • Auffinden von Luftlecks und verstopften Kondensatorrohren in Kühlsystemen,
  • Identifizieren von überhitzten Lagern, erhöhten Auslasstemperaturen und zu hohen Öltemperaturen in Pumpen, Kompressoren, Lüftern und Gebläsen,
  • Erfassen des Wärmeflusses in chemischen Prozessen.

Fazit

Jedes Wellenlängenband enthüllt verschiedene Ansichten auf unsere physische Welt. Einige davon können wir sehen, einige können wir fühlen und einige können wir uns nur vorstellen. Die genaue Kenntnis der Eigenschaften unterschiedlicher Wellenlängenbereiche und der sinnvolle Einsatz der geeigneten Strahlung ermöglicht in der Industrie, aber auch in Wissenschaft, Medizin, Bauwesen und anderen Einsatzfeldern die Lösung diverser Aufgabenstellungen.

Hinweis

Dieser Artikel wurde in ausführlicherer Form auf dem Possibility Hub von Teledyne Imaging veröffentlicht. Auf dieser Plattform sind zahlreiche weitere interessante Berichte zum Thema Bildverarbeitung zu finden.

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