Automatisierung

SPS-Stellwerk mit COTS-Sicherheitssteuerungen bietet SIL 4-Sicherheit

27.11.2014 -

Geld liegt bekanntlich nicht auf der Straße und ebenso wenig auf der Schiene. Daher hat das niederländische Unternehmen ProRail sich entschieden, relaisbasierte Stellwerke durch ein SPS-Stellwerk zu ersetzen. Vorteil der Modernisierung: um bis zu 30 Prozent reduzierte LCC. Zudem entfällt durch den neuen offenen Ansatz der sogenannte Vendor-Lock-in, das heißt die Abhängigkeit von bestimmten Anbietern.


Das staatliche niederländische Unternehmen ProRail, verantwortlich für die Eisenbahninfrastruktur, hat das Beratungs- und Ingenieurbüro Movares damit beauftragt, ein SPS-Stellwerk auf Grundlage industrieller COTS-Hardware (Commercial off the shelf) zu realisieren. Das Stellwerkskonzept basiert dabei auf einem HIMax-Steuerungssystem von Hima. Dieses erfüllt die zentralen Anforderungen von ProRail hinsichtlich Anbieterunabhängigkeit, Sicherheit, Verfügbarkeit, einfacher Bedienung und Wartung sowie niedrigerer Lifecycle-Kosten, die gegenüber anderen elektronischen Stellwerkslösungen um 30 Prozent gesenkt werden können. Realisiert wurde das Pilotprojekt am Bahnhof Santpoort Noord. Das heißt, Santpoort Noord ist das erste SPS-Stellwerk für Hauptstrecken, das den Anforderungen der höchsten Sicherheitsstufe SIL 4 nach Cenelec entspricht.
2004 entschied ProRail, dass alte relaisbasierte Stellwerke der Baujahre 1953 bis 1969 ersetzt werden sollten. Grund: Die Stellwerke sind wenig flexibel und haben hohe Lifecycle-Kosten. Ein weiterer Nachteil ist der sogenannte Vendor-Lock-in - die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern bei Komponentenkauf, Engineering, Wartung und Modifikationen. Im Rahmen dieser Maßnahme, die für die kommenden Jahrzehnte ausgelegt ist, soll auch das derzeitige ATB-System durch ERTMS (European Rail Traffic Management System), das zukünftige europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem für die Strecken des transeuropäischen Schienennetzes, weitgehend ersetzt werden.


Offenheit als Schlüssel zu niedrigen LCC
ProRail folgt einem offenen Technologieansatz anstelle proprietärer Lösungen, um niedrige Lifecycle-Kosten für seine Stellwerke auf den Hauptstrecken zu erreichen. Um einen Vendor-Lock-in zu vermeiden, setzt das Unternehmen auf Lieferanten-Unabhängigkeit in allen Phasen des Lebenszyklus. Ein offenes Steuerungssystem mit der Möglichkeit, jedes gängige Protokoll zu implementieren, entspricht diesen Anforderungen. Movares begann bereits im Jahr 2004 mit der Entwicklung einer SPS-Stellwerkslösung, sodass das Beratungs- und Ingenieurbüro dem Unternehmen ProRail eine geeignete Lösung, die den hohen Sicherheitsstandards entspricht und folgende Forderungen erfüllt, präsentieren konnte:

COTS-Hardware (Commercial off the shelf), die sich in sicherheitsgerichteten Anwendungen in anderen Industrien bewährt hat,
SIL 4-zertifizierbare Lösung nach Cenelec, die auf offenen Industriestandards mit Schnittstellen für Fremdgeräte basiert,
hohe Verfügbarkeit und ein einfaches Plug&Play,
zahlreiche I/O- und Kommunikationsschnittstellen.

Bei der Suche nach einem passenden Lieferanten für die sichere Steuerungstechnik ist Movares beim Safety-Anbieter Hima fündig geworden. Die Lösungen für die Bahnindustrie nutzen moderne COTS-Komponenten, die in der industriellen Automatisierung weit verbreitet sind.


Pilotprojekt Santpoort Noord
2009 beauftragte ProRail Movares damit, ein vorhandenes Relaisstellwerk durch ein SPS-Stellwerk am Bahnhof Santpoort Noord zu ersetzen. Dieser liegt an einer Hauptstrecke mit Intercity-Verkehr und bis zu 12 Zügen pro Stunde sowie zusätzlichem Güterzugverkehr. Movares führte die Planungen anfänglich mit HIMatrix-Steuerungen durch. Nachdem die vollredundante HIMax im Februar 2011 die SIL 4-Zertifizierung nach Cenelec erhalten hatte, ging Movares auf diese Steuerung über. Aufgrund ihrer skalierbaren Redundanz eignet sich das Steuerungssystem ideal für Bahnhöfe und Verkehrsknotenpunkten an Hauptstrecken. Zudem ist es gemäß Achilles Level 1 zertifiziert.
Durch ihre hohe Skalierbarkeit und einfache Erweiterbarkeit eignet sich die Steuerungsplattform sowohl für große wie kleine Stellwerksaufgaben als auch für die Überwachung von Bahnübergängen und Rolling-Stock-Applikationen. Sie ist zudem offen für ERTMS. „Durch die Offenheit des Systems gibt es Wettbewerb in allen Phasen des Lifecycles. Denn es besteht keine Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter, weder beim Engineering und der Inbetriebnahme, noch bei Änderungen und Wartungsarbeiten. Modifikationen lassen sich einfach durchführen", erklärt Peter Musters von Movares.
Als Plug&Play-System mit Hot-Swap-Funktionalität ist ein schneller, kostengünstiger unterbrechungsfreier Austausch von Komponenten im laufenden Betrieb und damit eine hohe Anlagenverfügbarkeit gegeben. Ist eine Wartung erforderlich, kann sie der Betreiber innerhalb der normalen Arbeitszeit erledigen, während der Bahnbetrieb ungestört weiterläuft. Durch den hohen Diagnosegrad des Gesamtsystems werden Fehler schnell lokalisiert und die Wartung vereinfacht. Aufgrund kurzer Lieferzeiten der COTS-Hardware müssen Ersatzteile nicht gelagert werden.


Einfache Integration in die bestehende ­Infrastruktur
Durch seine Kompatibilität mit dem bestehenden Stellwerkssystem ließ sich HIMax einfach in die bestehende Infrastruktur am Bahnhof Santpoort Noord integrieren. Das Engineering-Tool SILworX unterstützte bei der Realisierung des Projektes. Die Programmierer von Movares erstellten rund 25 Standard-Funktionsbausteine, die die Stellwerksfunktionen abbilden und sich einfach an neue Anforderungen anpassen lassen. Die Stellwerks-Funktionsbausteine verbessern zudem den Prüf- und Validierungsprozess bei künftigen Applikationen. Programmierfehler werden durch die geprüften vorprogrammierten Lösungen minimiert und Test- und Inbetriebnahmekosten gesenkt.
„Die Lifecycle-Kosten des SPS-Stellwerks sind deutlich niedriger als bei anderen elektronischen Stellwerken. Die von uns berechnete Kostensenkung um 30 Prozent und mehr ergibt sich durch die Erstprojektkosten, durch deutlich niedrigere Wartungs- und Reparaturkosten, die geringeren Schulungskosten der Entwicklungs- und Wartungsteams als bei komplexen proprietären Systemen und die günstigere COTS-Hardware", so Peter Musters, strategischer Berater bei Movares. Das nächste Projekt steht bereits in den Startlöchern: 2014 hat Movares für ProRail am Bahnhof Beverwijk ein zweites SPS-Stellwerk mit COTS-Komponenten von Hima realisiert. Die Inbetriebnahme ist für 2015 geplant.

Kontakt

HIMA Hildebrandt GmbH & Co. KG

Albert-Bassermann-Str. 28
68782 Brühl
Deutschland

+49 6202 709 0
+49 6202 709 123

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!