Automatisierung

Bürstenloser DC-Servomotor als Alternative für pneumatische Antriebe bei elektrischen Kleinteilegreifern

14.11.2014 -

Kleine Greifer für Pick&Place-Anwendungen ließen sich bisher meist nur mit Pneumatik realisieren. Grund: Mit Druckluft lässt sich viel Kraft nahezu ohne Zeitverzug übertragen. Nachteil: Sie ist aufwändig zur Verfügung zu stellen und damit kostenintensiv. Eine Alternative sind elektrisch betriebene Greifer, welche die gleiche Geschwindigkeit und Kraft wie pneumatische Ausführungen bieten. Servomotoren spielen dabei eine Schlüsselrolle.


Kleinteile entnehmen und an der richtigen Stelle wieder absetzen gehört in vielen Handhabungs- und Montageprozessen zu den Standardaufgaben. Ähnliche Aufgabenstellungen finden sich aber auch in vielen anderen Bereichen, wie beispielsweise in modernen Großlaboren, in denen im Minutentakt Tausende von Blut-, DNS- oder Wirkstoffproben, verteilt auf filigranen Pipettierplatten, analysiert werden. Kleinroboter greifen die Platten und befördern sie zur jeweils nächsten Untersuchungsstation. Eine weitere typische Pick&Place-Anwendung findet sich bei der Bestückung von Leiterplatten für moderne Leistungselektronik. Hier nehmen Kleinteilegreifer die Bauelemente auf und stecken deren Kontakte in die vorgesehenen Löcher der Platine, wobei das Werkstück nicht beschädigt werden darf. Hier spielt deshalb neben einer genau abgestimmten Kraft vor allem die Geschwindigkeit eine Rolle. Denn schnelles Greifen erhöht die Produktivität.


Pneumatik: kostenintensive Infrastruktur
Bei industriellen Greifern dominieren bislang aus traditionellen, aber auch praktischen Gründen pneumatische Antriebe, da pneumatische Aktoren eine hohe Leistungsdichte haben. Sie können also bei kleinem Volumen eine verhältnismäßig große Kraft erzeugen, die praktisch ohne Zeitverzug für die Hubarbeit zur Verfügung steht, sobald das Schaltventil geöffnet ist. Allerdings kennen pneumatische Aktoren prinzipiell nur zwei Zustände: auf oder zu, volle oder keine Kraft. Eine Regelung ist nur mit großem Aufwand möglich. Neben den elektrischen Kontakten für die Steuerung braucht ein pneumatischer Greifer zudem auch Anschlüsse für die Druckluftleitungen. Das kann bei beengten Verhältnissen, die in der Verarbeitung von Kleinteilen nicht selten sind, ein Problem darstellen.
Doch der größte Nachteil ist die Druckluftanlage selbst. Sie benötigt mindestens einen Kompressor und einen Luftreiniger, ein eigenes Leitungsnetz sowie eine komplexe Regelung, damit immer und überall gleichbleibender Druck zur Verfügung steht. Vor allem bei neuen Anlagen möchten die Betreiber deshalb immer öfter auf diese zusätzliche und kostenintensive Infrastruktur verzichten und ganz auf elektrisch betriebene Aktorik setzen.


Früher zu teuer, heute machbar: Servo­motor für elektrische Kleinteilegreifer
Möglich ist das mit dem rein elektrischen Kleinteilegreifer EGP 40 von Schunk, der mit 140 N eine größere Schließkraft entwickelt als sein pneumatisches Pedant, der MPG-plus 40 vom gleichen Hersteller. Angetrieben wird der elektrische Kleinteilegreifer von einem 4-poligen bürstenlosen DC-Servomotor der BX4-Reihe von Faulhaber. Durch die Vierpoltechnologie verfügt er trotz kompakter Abmessungen über ein hohes Dauerdrehmoment bei ruhigen Laufeigenschaften und niedrigem Geräuschpegel. Zudem kann die Konstruktion automatisiert und damit kostengünstig gefertigt werden. „Da der Motor rastmomentfrei läuft, ist seine Drehmomentabgabe von der Stellung unabhängig", erläutert Andreas Knebel, Kundenberater bei Faulhaber. „Zugleich erreicht er durch seine minimalen Schwungmassen eine sehr hohe Dynamik. Schon beim Anfahren und im unteren Drehzahlbereich steht das volle Drehmoment sofort zur Verfügung. Das ist für diese Anwendung besonders wichtig, da die Greiffinger oft nur sehr kurze Wege fahren." Ein erwünschter Nebeneffekt der Motortechnologie ist zudem ihr geringer Energieverbrauch.
Durch diese Eigenschaften war der kleine Servomotor technische Voraussetzung für die Entwicklung der elektrischen Kleinteilegreifer. „Der Greifer ist für die leichte, unkomplizierte Handhabung und Integration in Kundenapplikationen konzipiert. Motoren mit solcher Leistung waren früher für den Einbau in ein Gerät dieser Art zu teuer. Durch das kostengünstige Motorkonzept konnten wir die Verwendung eines zugekauften elektrischen Antriebs erst in Erwägung ziehen", erklärt Matthias Quaas, Entwicklungsingenieur bei Schunk.


Über Schalter anpassbare Greifkraft
Die Steuerungselektronik musste allerdings - vor allem aus Platzgründen - an die Anwendung angepasst werden. Damit sie in Greifer passt, wurden die Form der Platine und die Anordnung der Bauteile optimiert. Gleichzeitig erhielt die Elektronik einen kundenspezifischen Anschluss und eine zusätzliche EMV-Schutzbeschaltung. Auch die Software wurde dementsprechend modifiziert.
Da die Gehäuseform und die elektrischen Anschlüsse des elektrischen Greifers dem pneumatischen Pendant entsprechen und Sensorik sowie die Steuerungssignale ebenfalls identisch sind, können die Anwender auch mit minimalem Aufwand vom pneumatischen zum elektrischen Betrieb wechseln und die Vorzüge der neuen Technik nutzen: Dazu gehört beispielsweise das gute Verhältnis von Schließzeit und Hub, der präzise Lauf der Greiffinger, der einer leistungsfähigen Kreuzrollenführung zu verdanken ist, sowie die vierfach variable Greifkraft. Was bei der Pneumatik nur mit aufwändiger Regelung geht, ist hier einfach: Über eine seitlich am Gehäuse angeordnete Öffnung ist die gewünschte Greifkraft über Schalter einstellbar. Damit lässt sich die Greifkraft auch an verformbare oder empfindliche Werkstücke anpassen. Für Fertigungsprozesse mit hohen Anforderungen an die Geschwindigkeit gibt es den elektrischen Greifer in einer Speed-Variante.

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