Automatisierung

Jean-Marie Amann, Mitglied der Geschäftsleitung, spricht über die Strategie von Schneider Electric

21.11.2013 -

Jean-Marie Amann, Mitglied der Geschäftsleitung, spricht über die Strategie von Schneider Electric: Wie sich das Unternehmen von den reinen Produkten lösen und stattdessen für ausgewählte Branchen Lösungspakete schnüren möchte.

Herr Amann, was genau verstehen Sie unter dem Begriff Lösung?
J.-M. Amann:
Uns geht es darum, für unsere Maschinenbau-Kunden eine Lösung zu definieren. Dieses Paket umfasst dann die Bedienung, die Steuerung, die Antriebe, aber auch die Schaltgeräte und Sensoren. Hinzu kommt das Engineering, das wir gemeinsam mit dem Kunden vornehmen. Das bietet Vorteile: Der Kunde hat weniger Ansprechpartner und bekommt alles aus einer Hand. Und wir können seine aktuellen Konzepte optimieren: Das fängt bei einer kompletten Schaltschrankoptimierung an, und geht bis zur gemeinsamen Definition der Bedienung und Steuerung der Maschine. Eine Lösung ist also sehr vielfältig. Unser Ziel ist es dabei immer, das Herz der Maschine auszurüsten, das heißt, die Maschine intelligent zu machen. Nochmal zum Lösungs-Begriff: Wir setzen immer bei der Aufgabenstellung des Kunden an. Wir müssen also in erster Linie erst einmal gut zuhören, was der Kunde eigentlich möchte. Dann geht es darum, aus unserem kompletten Portfolio eine Lösung für ihn zuzuschneiden.

Sie kommen tatsächlich in dieser frühen Phase an Ihre Kunden ran?
J.-M. Amann:
Ja, denn wir nehmen uns ganz gezielt Segmente und Zielfirmen vor. Mit denen sind wir dann im ständigen Austausch. Unter Umständen kennen uns diese bereits - aus früheren Geschäften. Und dann kommt die Phase, wo man einer dieser Kunden über die nächste Generation nachdenkt. Und wenn hier der Grundstein gelegt wird, müssen wir dabei sein. Sind diese Diskussion abgeschlossen, ist es zu spät.

Gehen Sie an dieser Stelle nicht stark in Vorleistung?
J.-M. Amann:
Ja, das tun wir. Das ist uns bewusst, doch das ist auch genau das, was wir wollen und wofür wir aufgestellt sind. Denn hier können wir unseren Kunden den größten Mehrwert bieten. Wir sprechen hier ja über den Maschinenbau, bei dem es sich meistens um Seriengeschäfte handelt. Wir entwickeln daher eine Lösung mit dem Kunden zusammen, wohlwissend, dass er später eine bestimme Anzahl an Maschinen im Jahr baut - ohne hohen Betreuungsaufwand. Klar, gibt es auch dann noch Situationen, wo wir Anpassungen vornehmen oder sich unsere Spezialisten drum kümmern müssen, aber das sind dann keine komplizierten Fälle mehr. Bis es soweit ist, wollen und müssen wir in Vorleistung gehen, doch danach bleibt uns dieser Kunden für die gesamte Laufzeit der Maschine beziehungsweise Lebensdauer des Maschinenkonzepts.
In Prinzip ist es eine Win-Win-Situation, denn wir bieten ja auch Konzepte, die es den Kunden ermöglichen, ihre Maschinen schneller aufzusetzen, mit Sicherheitskonzepten versehen, usw. Mit der Pacdrive-Lösung im Packaging-Bereich, die wir mit Elau bekommen haben, haben wir es den Kunden schon in den letzten Jahren immer ermöglicht, ihre Maschinen wesentlich schneller und effizienter zu gestalten. Und hierbei entstehen langjährige Beziehungen. Ein Kunde, der sich für ein komplettes Konzept von uns entschieden hat, wird nicht morgen sagen: ,Okay, jetzt ist die nächste Lösung drei Cent billiger, ich wechsle.‘ Und das ist auch der große Unterschied zwischen einem Lösungs- und einem Produktansatz. Bei einem hochstandardisierten Produkt, wie beispielsweise einem Schütz, kann ein Wechsel relativ schnell durchgeführt werden. Kommt man dagegen in die komplette Struktur einer Maschine rein, ist das nicht mehr so einfach.

Wie sieht die nächste Generation der Maschine aus? Schnellere und effizientere Maschinen erwähnten Sie bereits. Was zählt wirklich?
J.-M. Amann:
Schnelligkeit, Sicherheitsaspekte und Energieeffizienz. Die klassischen Drehstrommotoren werden heute mehr und mehr von Synchronmotoren ersetzt. Deshalb haben wir unsere Frequenzumrichter auf den Betrieb von Synchronmotoren getrimmt. Ein Beispiel sind Förderbänder: Sind viele Motoren im Einsatz, bringen energieeffiziente Antriebe über die Summe gewaltige Einsparung.
Auch die Bedienbarkeit ist ein wichtiges Argument, hier fließt meist die jeweilige Bedienphilosophie des Kunden ein. Großes Thema ist auch die Vernetzbarkeit: Lässt sich die Maschine in übergeordnete Netzwerke integrieren, um beispielsweise Energieeffizienz-Statistiken zu erstellen.

Wie unterstützen sie in diesen Punkten Ihre Kunden? Beginnen wir bei den Sicherheitsaspekten...
J.-M. Amann:
Wir bieten ein Komplett-Paket, bei dem die Sicherheitsaspekte bereits integriert sind - nicht nur in der Steuerung, auch in den Antrieben. Doch Hardware ist nur die eine Seite. Auf der anderen Seite unterstützen wir beim Engineering, beraten also bei der Risikoeinschätzung. Das heißt, wir helfen unseren Kunden, die Sicherheitslevels in ihrer Applikation so vorzubereiten, dass sie deren Abnahme realisieren können. Wir selbst führen übrigens auf Wunsch auch Sicherheits-Abnahmen durch.

Wie sieht es beim Thema Energieeffizienz aus?
J.-M. Amann:
Dazu gehören unsere Servo-Lösungen, die einen geringen Verkabelungsaufwand - und dadurch weniger Verluste durch Kabellängen - haben. Die zweite Sache ist, dass wir in unserer Software SoMachine Energie- mit Prozessdaten vereint haben. Wir können den Anwender mit Dashboards über den Energieverbrauch seiner Maschine informieren und damit Möglichkeiten bieten, wie er diesen optimieren kann. Mittels der Engineering-Software ermöglichen wir Simulationen. Wir haben es beispielsweise mit dem Maschinenhersteller ACMA durchgespielt. Dieser hat in Zusammenarbeit mit unseren Spezialisten sein komplettes Motion-Konzept re-designt. Allein durch die Optimierung der Bewegungsabläufe in seiner Schlauchbeutelmaschine ist es uns gelungen, 10 Prozent Energie einzusparen. Da die Servo-Antriebe alle einen gemeinsamen Zwischenkreis haben und diesen speisen, wenn sie bremsen, muss es unser Ziel sein, in dem Moment, wo ein Antrieb runtergebremst wird, einen oder mehrere Antriebe zu beschleunigen, sodass die zurückgespeiste Energie sinnvoll eingesetzt wird. Das heißt, wenn ich meine Bewegungsabläufe so koordiniere, dass ich immer eine Brems- und Beschleunigungsphase deckungsgleich habe, kann ich Energie einsparen, weil das, was ich in den Zwischenkreis einspeise, nicht auf den Bremswiderstand geht, sondern in den nächsten Antrieb eingespeist wird.

Sie wollen neue Segmente, neue Branchen erobern. Welche sind das?
J.-M. Amann:
Ja, wir wollen neue Segmente aufbauen. Aber nicht, dass das Gefühl aufkommt, wir stärken das eine und vergessen das andere. Wir wollen die Verpackungsbranche natürlich nicht vernachlässigen, wir führen dort im Moment Pacdrive 3 ein, das auf Sercos III basiert. Hier liegt die Strategie ganz klar auf Ausbauen und Stärken. Zu den neuen Bereichen: Ein interessantes Segment ist das NC-Forming. Wir reden hier nicht von CNC, sondern von 2-1/2-D-Interpolationen. Es gibt auf Basis von SoMachine eine Schnittstelle zu einem Postprozessor. Derjenige, der ein CAD-System konstruiert, kann den G-Code dann direkt über diesen Post-Prozessor in die Steuerung transferieren. Diese Motion-orientierte Thematik wird beim Laserschneiden, beim Gravieren und beim Auftragen von Kleber auf komplexe Formen benötigt. Weniger Motion, eher antriebsseitig gehen wir das Thema Hoisting an, also komplexe Kran-Anwendungen, gleich ob Portal-, Dreh- oder Turmkrane, unten oder oben drehend. Mehr und mehr gehen wir auch das Thema Robotik an - basierend auf der Schnelligkeit von PacDrive und der Möglichkeit mehrere Achsen zu koordinieren. Bei den etwas einfacher gestrickten Anwendungen gehen wir Pumpen-Anwendungen an. Das sind die wesentlichen Segmente, das Ende bleibt offen. Wir wollen nicht alles auf einmal starten, sondern wirklich ganz gezielt vorgehen. Zusammen mit unserer Entwicklung definieren wir diese Märkte und bestimmen die Zielsegmente und -firmen. Diese Vorgehensweise macht auch deshalb Sinn, weil unsere Spezialisten immer über das entsprechende Know-how verfügen müssen, damit sie sich mit den Anwendern auch auf Augenhöhe unterhalten können. Wenn also jemand über NC-Forming sprechen möchte, dann muss er auch wissen, wovon er redet.

Ende letzten Jahres haben Sie das neue Machine Solutions Headquarters in Marktheidenfeld eingeweiht. Wo geht hier die Reise hin?
J.-M. Amann:
Es geht vor allem darum, Bestehendes weiterzuentwickeln. Wir bereiten im Moment Version 4 von SoMachine Motion vor. Und entwickeln neue Servo-Antriebe, wie beispielsweise den Lexium 32i, ein integrierter Antrieb, der jetzt in Hannover lanciert wurde. Und so wird dieser Weg gezielt weitergeführt. Derzeit sind 400 Leute hier beschäftigt, der Plan liegt bei 500 Mitarbeitern. Das schöne ist, dass wir in Marktheidenfeld nah am deutschen Markt sind, sodass wir genau registrieren können, was erwartet wird. Wir machen ja auch kundenspezifische Anpassungen. Aus diesen Gesprächen bekommen wir Impulse, aus denen wir dann vielleicht einen Trend ableiten können. So arbeiten wir momentan zum Beispiel an linearen Aktuatoren. Mit einem Servo-Aufsatz haben diese keine rotatorische Bewegung mehr, sondern eine lineare. Jetzt kann man sagen, dass es den Motor schon lange gibt, aber wir reden nicht von einem klassischen Linearmotor, sondern von einer kleinen Einheit, die mit dem Servo-Ansatz gezielt eine kundenspezifische Bewegung an einer Maschine realisieren kann, linear.

Kontakt

Schneider Electric GmbH

Gothaer Straße 29
40880 Ratingen

+49 2102 404 0
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