Bildverarbeitung

Schritt für Schritt zum Optimum

Strategien zur Leistungsmaximierung von bildgebenden Systemen

25.11.2014 -

Bildgebende Systeme tragen in zahllosen Anwendungen zur Lösung anspruchsvoller Problemstellungen bei. Aber sind sie auch immer optimal auf die Anwendung zugeschnitten? Mit der richtigen Strategie ist eine ­optimale Lösung erreichbar.


 Ganz gleich, ob eine Anwendung im Bereich der industriellen Bildverarbeitung, der Biowissenschaften, der Sicherheitstechnik oder der Verkehrsüberwachung liegt, das Verständnis der Grundlagen bildgebender Technologie erleichtert die Entwicklung und Anwendung komplexer bildgebender Systeme erheblich. Obwohl Fortschritte im Bereich der Sensor- und Beleuchtungstechnologien unbegrenzte Systemleistungsfähigkeiten suggerieren, stoßen sowohl das Design als auch die Herstellung dieser Technologien auf physikalische Grenzen. Optische Komponenten bilden dabei keine Ausnahme und die Optik kann sich häufig als limitierender Faktor auf die Leistungsfähigkeit eines Systems auswirken. Das Ziel sollte immer sein, das bildgebende System genau zu spezifizieren, die Systemleistung zu maximieren und die Kosten zu minimieren.
Die im Folgenden dargestellten Tipps dienen als hilfreicher Start, die Leistungsfähigkeit von Systemen zu optimieren.


1: Der Platzbedarf eines Bildverarbeitungssystems
Besonders bei hohen Anforderungen an die Auflösung und Vergrößerung sollte vor dem Konfigurieren eines Systems dessen Platzbedarf bekannt sein. Jüngste Entwicklungen im Bereich der Consumer-Kameratechnologie führten zu sehr leistungsstarken und kompakten Komponenten. Diese erfüllen jedoch nicht die Leistungsanforderungen, die sich für industrielle bildgebende Systeme selbst mittleren Niveaus stellen, was sich teilweise auf deren Größenbegrenzungen zurückführen lässt. Viele Anwendungen benötigen zusätzlich zu Verkabelung und Stromversorgungen, die zum Betrieb eines Teils der Komponenten benötigt werden, komplexe Lichtgeometrien, lange ­Objektive mit großem Durchmesser sowie große Kameras. Es sollten keine Einsparungen an der Systemleistung nötig werden, nur weil der Platzbedarf des Systems nicht beachtet wurde. Oft empfiehlt es sich, zuerst die bildgebenden Komponenten eines Systems zu spezifizieren. Denn in der Regel ist es einfacher, dann die Elektronik und Mechanik um diese Komponenten herum anzuordnen als umgekehrt. Es sollte ebenso beachtet werden, dass das Beleuchtungsschema Teil des Bildverarbeitungssystems ist und dass die Geometrie der Objekte, die betrachtet werden, oft eine große Lichtquelle, wie z. B. eine diffuse Kuppelbeleuchtung, erfordert (s. Tipp 4).


2: Menschliche Wahrnehmung und Bildqualität
Die menschliche Auge-Hirn-Kombination ist ein extrem hochentwickeltes bildgebendes und analytisches System, das auch in der Lage ist, Informationen zu ergänzen, die nicht unbedingt vorhanden sein müssen. Außerdem sieht und verarbeitet der Mensch Kontraste anders, als es bildgebende Systeme tun. Daher sollten Softwareanalysen eingesetzt werden, um die Bildqualität und die Einhaltung der Leistungsanforderungen sicherzustellen. Bilder, die für das menschliche Auge gut aussehen, sind unter Umständen für die Anwendung eines Algorithmus nicht brauchbar.


3: Der Arbeitsabstand
Aufgrund physikalischer Grenzen stellen Bildfelder, die im Vergleich zum Arbeitsabstand eines Objektivs zu groß sind, enorme Herausforderungen an das Design der optischen Komponente, wodurch sich die Systemleistung vermindern kann. Es empfiehlt sich, den Arbeitsabstand so zu wählen, dass dieser zwei- bis viermal so groß ist wie das gewünschte Bildfeld, um so die Leistung zu steigern und gleichzeitig die Kosten gering zu halten. Hier sollte auch entsprechend zu Tipp 1 der Platzbedarf des bildgebenden Systems vor der Realisierung des Systems bestimmt werden. Auch für das Verhältnis zwischen Sensorgröße und Brennweite gilt eine ähnliche Faustregel: Zur Leistungsmaximierung sollte das Verhältnis zwischen Brennweite und Sensordiagonale zwei bis vier betragen.
In Bezug auf Tipp 1 und Tipp 3 gilt: Wird ein 100 mm großes Bildfeld benötigt, sollte der Arbeitsabstand des Systems 200 bis 400 mm betragen. Es ist auch möglich, den Leistungsanforderungen des Systems gerecht zu werden, wenn Arbeitsabstand und Bildfeld annähernd im Verhältnis 1:1 oder höher stehen. Dies ist jedoch unter Umständen mit erheblichen Kosten und Leistungseinbußen verbunden.
Sowohl in Abbildung 1a als auch in Abbildung 1b bilden die Objektive dasselbe Bildfeld auf denselben Sensor ab. Allerdings entspricht dabei der Arbeitsabstand des Objektivs in der Abbildung 1a der Hälfte des Bildfeldes, während der Arbeitsabstand des Objektivs in der Abbildung 1b dreimal so groß ist wie das Bildfeld.
In Abbildung 1a durchläuft das Licht das Objektiv in extremen Winkeln. Das Licht an den Rändern des Bildfeldes (magenta/rot) hat eine weitaus größere Distanz zurückzulegen als das Licht im Zentrum des Bildfeldes (blau). Dagegen erfasst das Objektiv in Abbildung 1b dasselbe Bildfeld in flacheren Winkeln und einer geringeren Weglängendifferenz. Folglich hat das Objektiv in der Abbildung 1b ein deutlich weniger komplexes Objektivdesign und eine wesentlich höhere Abbildungsqualität bei gleichzeitig geringeren Kosten.


4: Die Beleuchtung
Die Wahl der richtigen Beleuchtungsgeometrie mag wie künstlerische Gestaltung anmuten, ist in Wirklichkeit jedoch ein hochwissenschaftlicher Prozess. Damit Objektiv und Sensor effektiv zusammenarbeiten können, muss durch die richtige Beleuchtung des Objektes ein deutlicher Kontrast hergestellt werden. Damit die richtige Beleuchtungsgeometrie eingesetzt werden kann, müssen die Eigenschaften des zu untersuchenden Objektes und die Charakteristik der zu erwartenden Defekte bekannt sein. Dabei sollte beachtet werden, dass die Lichtquellen manchmal sehr groß sein können (s. Tipp 1).

5: Die Farbe
Die Auswahl der Beleuchtungswellenlänge (Farbe) kann erhebliche Auswirkungen auf die Verbesserung oder Verminderung der Systemleistung haben. So kann beispielsweise bei einer Anwendung mit einer qualitativ hochwertigen Optik und einem leistungsstarken Sensor der Wechsel von einer Breitband- zu einer monochromatischen Beleuchtung, bzw. zwischen bestimmten Wellenlängen, die Leistung deutlich erhöhen. Ähnlich wie bei Tipp 4 kann hier die Wahl der richtigen Wellenlänge den Unterschied zwischen einem hohen oder gar keinem Kontrast machen. Je nachdem, ob die Wellenlänge richtig gewählt wurde oder nicht, kann die Farbe der Beleuchtung über das erfolgreiche Funktionieren oder das Versagen eines Gesamtsystems entscheiden.


6: Hohe Auflösung oder große Schärfentiefe
Auflösung und Schärfentiefe hängen beide von dem am Objektiv eingestellten Blendenwert ab. Sollen diese beiden Parameter maximal gesteigert werden, müsste sich der Blendenwert jeweils in die entgegengesetzte Richtung bewegen. Somit ist es physikalisch unmöglich, bei einer großen Schärfentiefe gleichzeitig eine sehr hohe Auflösung zu erreichen. Es müssen daher entweder Kompromisse eingegangen oder komplexere Techniken angewandt werden, wie beispielsweise die Verwendung mehrerer bildgebender Systeme.


7: Keine universelle Lösung für alle Anwendungen

Da die Anforderungen an die Auflösung steigen, wird es immer schwieriger, die Aberrationen (optische Designmerkmale, welche die Leistung nachteilig beeinflussen) über einen breiten Bereich an Arbeitsabständen und Bildfeldern zu vermindern. Selbst ohne Budgetbeschränkungen sind den Systemen Grenzen gesetzt. Daher wird eine breite Palette von Objektivkonstruktionen für eigentlich ähnliche Anwendungen benötigt.


8: Das Objekt
Die Grundlage der Bildgebung besteht in dem Vermögen, den höchstmöglichen Kontrastgrad bei einem zu untersuchenden Objekt zu erreichen. Daher sind Kenntnisse über die Eigenschaften eines Objekts, wie beispielsweise Material oder Oberflächenbeschaffenheit, für den Erfolg einer Anwendung entscheidend. Es reicht auch nicht aus zu wissen, welche Prüflinge als gut oder schlecht eingestuft werden. Um einen hohen Grad an Verlässlichkeit und Wiederholbarkeit gewährleisten zu können, müssen vielmehr der gesamte Bereich der zu untersuchenden Details sowie die Grenzbereiche für gut und schlecht verstanden werden.


Zusammenfassung
Die obige Zusammenstellung bewährter Methoden hilft beim Design komplexer, kosteneffektiver bildgebender Systeme, die sich für die meisten Anwendungen eignen. Obwohl diese Auswahl an Tipps bei der Gestaltung bildgebender Systeme grundsätzlich beachtet werden sollte, bleibt jede Anwendung letzten Endes einzigartig, weshalb zusätzliche Abwägungen notwendig sein können. Im Allgemeinen ist es wichtig, die unterschiedlichen Einflüsse auf die Leistung eines bildgebenden Systems zu verstehen und ein besseres Gefühl dafür zu entwickeln, wie die Systemleistung positiv beeinflusst werden kann.

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