Automatisierung

Interaktive Analyse ergründet ­Ursache für Prozessverschlechterung

27.11.2014 -

In einer typischen Produktionsumgebung sind Automatisierungssysteme verschiedener Hersteller und Gerätegenerationen nebeneinander implementiert. Der Anlagenbetreiber erhält dadurch nur partielle Informationen über den Produktionsprozess. Ulrich Lettau, Vorstandsvorsitzender der Iba AG, klärt auf, welche Möglichkeiten ein herstellerneutrales Messwerterfassungssystem bietet, damit Daten übergreifend erfasst, archiviert und analysiert werden können.


Welche Situation finden Sie bei Anlagen­betreibern vor?
Ulrich Lettau: Meistens sind es Produktionsanlagen, die nicht mit der Automatisierung eines einzigen Herstellers, sondern sozusagen mehreren Teilautomatisierungslösungen unterschiedlichen Alters betrieben werden. Zum Beispiel weil sie über Jahre hinweg Schritt für Schritt modernisiert wurden.

Und was bedeutet das für den Anlagenbetreiber?
Ulrich Lettau: Wenn in einer solch hetero­genen Automatisierungslandschaft Qualitäts-, Produktionskenndaten und Prozesskennwerte erfasst werden sollen, sind zwei Punkte ausschlaggebend: 1. Die Soll-Kennwerte müssen einwandfrei definiert werden. Und 2. ist es nicht ausreichend, nur innerhalb der „Automatisierungsinseln" einzelner Hersteller zu messen, denn bei heterogenen Systemen verschiedener Hersteller misst jeder für sich, der Produzierende erhält also nur partielle Informationen.

 

Die Erfassung, Aufbereitung und Auswertung von Prozess- und Qualitätsdaten ist in der Praxis demnach nicht einfach zu realisieren?
Ulrich Lettau: Das ist richtig. Heterogene Anlagen stellen die Anlagenbetreiber teilweise vor große Probleme. Natürlich könnte man aus der Messwerterfassung und -analyse ein großes Projekt machen und alles von Null an integrieren, aber das ist in den meisten Fällen wirtschaftlich nicht machbar.

 

Welchen Ansatz bietet hierbei die Iba-Technik, um die heterogenen Automatisierungslandschaften hinsichtlich der Messdatenerfassung in den Griff zu bekommen?
Ulrich Lettau: Wir bieten Systeme zur schnellen Daten- und Signalerfassung aus dem Prozess heraus, das heißt im Wesentlichen aus den Automatisierungskomponenten des Prozesses zur Störungssuche und Fehlerbehebung. Diese hochaufgelösten Daten kann man natürlich auch benutzen, um Qualitätskennwerte und Prozesskennwerte zu ermitteln. Und das ist auch der Weg, den wir propagieren.
Man kommt über die Konnektivität unserer Systeme, also über Verbindungsmöglichkeiten, eigentlich an jedes Automatisierungsgerät jeglicher Generation und kann dann aus diesen verschiedenen Automatisierungsinseln die relevanten Größen in einem einzigen Datenaufzeichnungssystem zentral erfassen. In einer Nachbearbeitung wird festgelegt, wie man von diesen zeitlich aufgezeichneten Rohdaten zu den gewünschten Qualitätskenngrößen kommt, die für jedes produzierte Produkt aufgezeichnet und archiviert werden.

 

Welche Aufgaben übernimmt Iba, um aus ­Rohdaten Qualitätsdaten zu generieren?
Ulrich Lettau: Wir stellen Software- und Hardware-Systeme zur Verfügung, damit der Anlagenbetreiber diese Daten überhaupt erst erfassen kann. Natürlich bieten wir auch die Beratung, wie man ein solches System aufsetzt. Mit der kostenlosen Analyse-Software IbaAnalyzer haben wir zudem ein Werkzeug, das die Nachbearbeitung und Kennwertbildung von hochaufgelösten Daten sehr einfach und interaktiv möglich macht. Die Prozesskenntnisse hierfür hat der Anwender in der Regel selbst und will diese manchmal gar nicht mit uns teilen. Denn die Prozessparameter einer jeden Anlage und die Frage, nach welchen Qualitätsparametern der Prozess gesteuert wird, sind sehr sensibel. Wir beraten, wie man es macht, jedoch nicht was man macht.

 

Dann ist das Schwierige an der Auswertung, zu definieren, anhand welcher Kennwerte die Anlage optimiert werden soll?
Ulrich Lettau: Genau. Wenn ein Betreiber mit der kontinuierlichen Verbesserung über Kennzahlen-Monitoring beginnt, dann weiß er zunächst nicht, welche Kennzahlen er benötigt. Auch für langjährige Betreiber ist es nicht leicht, abschließend zu definieren, auf Basis welcher Kennwerte er optimieren möchte. Deshalb ist ein System mit hoher Flexibilität gefragt, das erlaubt, Kennwerte mit eigenen Ressourcen interaktiv und ohne Unterbrechung der Produktion festzulegen und deren Aussagekraft zu beobachten.

 

Und Ihr System bietet diese Flexibilität?
Ulrich Lettau: In Zusammenhang mit der Datenerfassung kann der IbaAnalyzer aus den Rohdaten beliebige Kennwerte generieren. Das erfolgt über logische und mathematische Operationen, zum Beispiel über das „Ausschneiden" von Teilen aus den Signalen, über die Kombination von Signalen oder über statistische Funktionen. Diese Kennwerte werden dann in Datenbanken geladen, um Langzeitauswertungen zu machen.

 

Wie werden die Kennwerte generiert?
Ulrich Lettau: Der Kunde legt die Kennwerteigenschaften fest. Bei einem Bandprodukt beispielsweise werden die Daten zu den ersten Metern des Bandes nicht berücksichtigt, um eine Qualitätsbeurteilung zu machen. Die Regelkreise beziehungsweise die Messtechnik sind am Bandanfang noch nicht eingeschwungen. Der Kopf- und Fußbereich der Messdatenreihe wird nicht berücksichtigt, interessant sind die Messwerte in der Bandmitte. In diesem Bereich werden nun mittels statistischer Berechnungen Kennwerte ermittelt. Dies geschieht zunächst interaktiv mit dem IbaAnalyzer. Ist der Prozessingenieur mit dem Ergebnis zufrieden, wird der ermittelte Algorithmus abgespeichert und für die automatische Kennwertbildung freigegeben. Durch diese Vorgehensweise ist vollständige Transparenz im Hinblick auf die Aussagekraft der Kennwerte sichergestellt. Wir unterstützen Kunden in dieser Vorgehensweise, in dem wir Schulungen und Workshops anbieten, in denen gemeinsam mit den Kunden erste Ergebnisse erarbeitet werden Unser Ziel ist dabei, den Kunden zu befähigen, spätere Erweiterungen und Änderungen selbstständig durchführen zu können.

 

Warum wird überhaupt der Aufwand betrieben, Daten so hochaufgelöst direkt im Feld zu erfassen?
Ulrich Lettau: Es geht dabei um Flexibilität. Man muss die Daten eben nicht in den kritischen Steuerungen nachbearbeiten, sondern der Bediener erhält mit einer solchen Datenerfassung ein autarkes System, das dennoch in die Automatisierung integriert ist. Der Betreiber erhält Zugriff auf die Automatisierungsdaten und kann dann beliebige Auswertungen und Analysen ausführen, ohne dass der Produktionsprozess beeinträchtigt wird.
Bei der Betrachtung der statistischen Daten stellt sich für den Betreiber die Frage, wie sie zustande gekommen sind. Wie hilft da ihr System?
Ulrich Lettau: Über die Datenbank des Iba-Systems können Trends sowie auch die Produktion eines vergleichbaren Produkts oder vergleichbarer Chargen über einen längeren Zeitraum betrachtet werden. In diesen Qualitätskennwerten gibt es zwar eine statistische Streuung, die natürlich möglichst klein gehalten werden soll. Doch gibt es auch echte Ausreißer oder Trends, die erkennen lassen, dass sich ein Wert nachhaltig verschlechtert. In diesem Fall möchte man die Ursache erforschen. Doch diese lässt sich aus den Kennwerten nicht mehr erkennen. Wenn es darum geht, Ursachenforschung zu betreiben, bietet unser System die Möglichkeit, aus den in der Datenbank abgelegten Kenngrößen wieder auf die Primärdaten, also die hochaufgelösten Rohdaten, zurückzugreifen. Mit einer Tiefen- oder Detailanalyse kann man daraufhin erkennen, ob Effekte wie Schwingungen aufgetreten sind oder die Prozessgeschwindigkeit außerhalb der Toleranzen lag. Über eine derartige interaktive Analyse lässt sich ergründen, worin die Ursachen für die Prozessverschlechterung lagen.

Die Datenbank und die Auswertung kommen auch von Iba?
Ulrich Lettau: Die Datenbank ist beim Kunden meistens vorhanden - wir können in beliebigen Datenbanken in einer definierten Struktur die von uns generierten Kennwerte ablegen und dort mit dem IbaAnalyzer zugreifen. Auf diese Weise lassen sich Trends erkennen und bei Auffälligkeiten kann man mit einem Doppelklick in die Dateianalyse gehen. Im IbaAnalyzer lässt sich der Drill-Down auf die Rohdaten sehr schön realisieren. In der Regel sitzt ein MES- oder Qualitätsmanagementsystem über unserer Software. Diese können koexistieren und das MES-System greift durch die offene Datenbankstruktur auf dieselben Kennwerte zu. Andernfalls vergleicht man Äpfel mit Birnen. Wenn die Kennwertbildung an verschiedenen Stellen und mit unterschiedlichen Methoden erfolgt, bekommt man unerklärbare Effekte. Das kann zu Fehlinterpretationen und Optimierungen in die falsche Richtung führen.

Funktioniert das Laden der Daten in die ­Datenbank automatisch?
Ulrich Lettau: Über das Extract Transform Load (ETL) werden die Daten zur Nachbearbeitung automatisch geladen. Immer wenn eine Charge oder ein Produkt abgeschlossen ist und die Messdaten verfügbar sind, wird basierend auf diesen Messdaten online, synchron zum Prozess, automatisch verdichtet, bearbeitet und in die Datenbank geladen. Neben den Kenndaten pro Produkt können wir auch sogenannte Profile definieren. Für jedes individuell angelegte Profil kann man eine Längenaggregierung oder Zeitaggregierung erstellen und diese Daten in die Datenbank laden. Das Datenvolumen wird hier gegenüber den hochaufgelösten Rohdaten deutlich reduziert.

Sie sprachen von den Möglichkeiten eines Drill-Down auf die Rohdaten. Wo liegt hier der Vorteil?
Ulrich Lettau: Wenn ich einen Ausreißer in den Daten erkenne, der in Verbindung zu einem Zeitwert oder Produktwert steht, greife ich auf die Primärdaten zu und kann diese letztendlich im Detail untersuchen. Man erkennt so die physikalischen Zusammenhänge, also wie waren die Temperaturen, die Drücke, die Kräfte zum Messzeitpunkt. Wurde beispielsweise ein Geberausfall nicht bemerkt und es wurden falsche Messwerte aufgenommen? Mit dem Drill-Down werden diese Zusammenhänge sichtbar. Und nur über das Verstehen von Zusammenhängen lässt sich der Prozess nachhaltig kontinuierlich verbessern, auch indem man die Streuung der Qualitätsparameter verringert. Hier hilft ebenfalls ein Drill-Down. Da ist dann der Prozessingenieur gefragt, der tief in der Technologie und weniger in der Automatisierungstechnik steckt. Von betriebswirtschaftlicher Seite beschäftigt man sich mehr mit Langzeittrends und Kennwerten. Mit unserem System verbinden wir die zwei Welten miteinander.

Kontakt

iba AG

Königswarterstr. 44
90762 Fürth

+49 911 97282 0
+49 911 97282 33

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